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Bismillah
Die Ein-
und Einzigkeit Gottes
Imam Al Ghazzali -
aus:
"SOME MORAL and RELIGIOUS TEACHINGS of AL - GHAZZALI"
by SYED NAWAB ALI
Published by:
SH. MUHAMMAD
ASHRAF, Pakistan
Übersetzer:
Muhammad Michael HANEL
Im Glauben an Gottes
Einzigkeit gibt es vier Stufen. Die erste ist das Aussprechen der Worte:
„Es
gibt keinen Gott außer Gott“, ohne dabei irgendeine Regung im
Herzen zu verspüren. Dies ist der Glaube der Heuchler.
Die zweite Stufe ist, obige
Worte auszusprechen und von deren Wahrheit überzeugt zu sein. Dies ist der
Glaubenssatz des einfachen Muslims.
Die dritte ist, die
Wahrheit dieses Ausspruchs durch ein inneres Herzenslicht zu erfahren. Über
die Vielzahl der Gründe und Ursachen gelangt die Vernunft zur Erkenntnis der
Einzigkeit der ersten und letzten, der endgültigen, finalen Ursache. Dies ist
die Stufe der Eingeweihten.
Die vierte ist ein
Augenblick - der Vision des Allumfassenden, des Einen, alles Einschließenden
- und dabei selbst die Dualität des eigenen Selbst aus dem Blick zu
verlieren. Dies ist die höchste Stufe des wahrhaft in Gott Ergebenen.
Die Sufis bezeichnen diesen
Zustand als: „fana fit-tauhid“
d.h. die Auslöschung der eigenen Individualität bei der Betrachtung der
Einzigkeit Gottes.
Um ein Gleichnis zu
verwenden, können diese vier Stufen mit einer Walnuss verglichen werden,
welche aus folgenden Teilen zusammengesetzt ist:
die äußere harte Schale,
die innere Haut,
der Kern und
das Öl.
Die harte Schale hat keinen
besonderen Wert, außer, dass sie für eine Weile eine Schutzfunktion
übernimmt. Wenn der Kern herausgeschält ist, wird sie fortgeworfen. Wie der
Heuchler, der zwar die Kalima
ausspricht und daher mit den Muslimen gleichgesetzt wird und deren
Privilegien in Sicherheit genießt, doch nach dem Tod von ihnen getrennt wird
und kopfüber der Verdammnis verfällt.
Die innere Haut ist zwar
brauchbarer, insofern sie den Kern schützt und auch konsumiert werden kann,
doch reicht sie bei weitem nicht an den Wert des Kerns selbst heran. So ist
dies auch mit dem dogmatischen Glauben des einfachen Muslims, als er
wertvoller als das Lippenbekenntnis des Heuchlers zu werten ist, und ihm doch
die wahre Einsicht fehlt, die so beschrieben wird: „Er, dessen Herz
Allah für den Islam geöffnet hat, schreitet in Seinem Licht.“
Zweifellos ist der Kern die gewünschte Sache, doch beinhaltet er noch
Substanzen, welche erst dann hervortreten, wenn das Öl ausgepresst wird.
Gleichermaßen ist die Erkenntnis der allem zugrunde liegenden Ursache, das
gewünschte Ziel des Ergebenen, wenn auch ein untergeordnetes zu dem der
Vision des Allumfassenden, Heiligen, Einen – denn die Erfahrung der
Kausalität beinhaltet immer noch Dualität.
Nun kann der Einwand
vorgebracht werden: Wie kann man die Unterschiedlichkeit und Vielfalt im
Universum ignorieren?
Der Mensch besitzt Hände
und Füße, Knochen und Blut, Herz und Seele, alles von einander verschieden
und dennoch ist er ein Individuum. Wenn wir an einen lieben alten Freund
denken und er plötzlich vor uns steht, denken wir nicht an die Vielzahl
seiner körperlichen Organe, sondern sind erfreut, ihn zu sehen. Dieses
Gleichnis, auch wenn es nicht wirklich angebracht ist, ist wenigstens für den
Anfänger ganz anschaulich. Wenn er diese Stufe erreicht, wird er/sie dessen
Wahrheitsgehalt schon erkennen. Worte reichen nicht aus, um die Schönheit
dieser höchsten Stufe zum Ausdruck zu bringen. Sie kann erlebt, aber nicht
beschrieben werden. [3]
Lasst uns nun die dritte
Stufe eingehender betrachten. Der Mensch erkennt, dass Gott alleine die erste
und einzige Ursache für alles Existierende ist. Die Welt, ihre Objekte, das
Leben, der Tod, Glück, Unglück all dies hat seinen Ursprung in Seiner Allmacht.
Niemand kann Ihm in dieser Angelegenheit zur Seite gestellt werden. Wenn der
Mensch dies erkennt, so verliert er die Furcht vor allem, denn er legt sein ganzes
Vertrauen in Gott alleine. Doch Satan versucht ihn, durch die verfälschte
Darstellung der Kräfte der organischen und anorganischen Welten, als wären
sie mächtige Faktoren, unabhängige Kräfte bei ihrem Einfluss auf seine
Schicksalsgestaltung.
Denke zuerst an die
anorganische Welt. Der Mensch glaubt, dass der Getreidewuchs vom Regen
abhängt und dass die Wolken durch die normalen klimatischen Bedingungen zusammengetrieben
werden. Gleichermaßen hänge das Fortkommen der Segelboote von günstigen
Winden ab. [4] Zweifellos sind dies unmittelbare Ursachen, doch
sind diese nicht unabhängig. Der Mensch, der in Zeiten der Not um Gottes
geheimnisvolle Hilfe fleht, vergisst Ihn und wendet sich erneut den äußeren
Ursachen zu, wenn er sich wieder sicher fühlt.
Und
wenn sie ein Schiff besteigen, dann rufen sie Allah an - aus reinem Glauben
heraus. Bringt Er sie dann aber heil ans Land, siehe, dann stellen sie (Ihm)
Götter zur Seite und leugnen somit das, was Wir ihnen beschert haben, und
ergötzen sich. Bald aber werden sie es erfahren! [29:65-66]
Wenn ein Verurteilter,
dessen Todesurteil vom König aufgehoben wurde, in der Schreibfeder den Grund
seiner Erettung erblickt, wäre dies nicht reine Ignoranz und Undankbarkeit?
Natürlich sind die Sonne, der Mond, die Sterne, die Wolken – das ganze
Universum – wie die Schreibfeder in der Hand des Allmächtigen,
diktierenden Herrschers. Wenn diese Art des Denkens den Verstand bestimmt, wird
der Satan eine Enttäuschung erleben, den Menschen auf versteckte Art und
Weise zu versuchen und wird auf subtilere Mittel zurückgreifen, wie z.B.:
„Siehst du nicht, dass der König unumschränkte Macht hat, dich entweder
zu vernichten oder dich zu begünstigen und dass die Feder, wie im obigen
Beispiel, dich ausliefert, doch der Schreiber gewiss dafür verantwortlich
ist?“ Diese Art von Überlegung führt zu der verwirrenden Frage nach dem freien
Willen, mit der wir uns ja schon in einiger Ausführlichkeit beschäftigt
haben.
Als Erinnerung wollen wir
uns vor Augen halten, dass gerade wie eine Ameise, die aus ihrem beschränkten
Blickwinkel nur die Federspitze erkennen kann, welche ein Blatt Papier mit
Tinte schwärzt und schon die Finger nicht mehr bemerkt und erst recht nicht
die Hand oder den Willen des Schreibers, eine Person mit schwacher geistiger
Einsicht, Geschehnisse nur der unmittelbar ausführenden Kraft zuschreibt.
Doch es gibt solche, welche im Licht der Intuition und Einsicht, diese
versteckte Gefahr aufzeigen, Macht irgendwem oder irgendetwas außer Gott, dem
Allmächtigen, Allwissenden Wesen zuzuschreiben. Ihnen ruft jedes Atom im
Universum die Wahrheit dieser Offenbarung zu. Sie finden die
„Zungen“ in den Bäumen, Büchern, murmelnden Bächen, in Fels und
Stein eingeschrieben. Das Weltenkind spricht: „Wir haben doch Ohren, und
dennoch hören wir dies nicht.“ Doch auch Esel haben Ohren und hören
diese Offenbarung nicht. Wahrlich es gibt Ohren, welche lautlosen Worten zu
lauschen verstehen, Worte, weder in arabischer oder sonst einer anderen, der
Menschheit bekannten Sprache. Solche Worte sind Tropfen im endlosen,
unermesslichen Meer Göttlichen Wissens:
„Sprich:
"Wäre das Meer Tinte für die Worte meines Herrn, wahrlich, das Meer
würde versiegen, ehe die Worte meines Herrn zu Ende gingen, auch wenn wir
noch ein gleiches als Nachschub brächten." [18:109]
Hanel,
Schweiz 2005
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