Noam Chomsky, Der Neue Krieg gegen den Terror

Abschrift des Vortrages aus dem MIT Forum für Technologie und Kultur, am 18. Oktober, 2001

http://www.talknet.de/~helmut_fiedler/chomskymitvortrag.htm


Alle wissen, dass Fernsehleute die Welt regieren [Gelächter]. Ich habe
gerade den Befehl erhalten hier zu sein und nicht dort. Nun, das letzte
Gespräch, das ich in diesem Forum behandelte hatte ein leichtes, nettes
Thema. Es ging um die Menschen als gefährdete Spezies, die sich der Natur
ihrer Institutionen nach zu urteilen, in ziemlich kurzer Zeit selbst
zerstören könnten. Dieses Mal geht es ein wenig entspannter zu, denn wir
haben stattdessen ein angenehmes Thema vor uns: der neue Krieg gegen den
Terror. Unglücklicherweise, lässt sich die Welt weiter Dinge einfallen, die
ihn während wir hier reden, immer schrecklicher machen.

Zwei Voraussetzungen für dieses Gespräch

Ich setze für dieses Gespräch zwei Annahmen voraus.

Die erste ist das, was ich als Anerkennung der Fakten voraussetze.

Das heisst, dass die Ereignisse am 11. September eine grauenhafte Greueltat
waren, die wahrscheinlich die grösste sofortige Opferzahl in der Geschichte
gefordert hat, mit Ausnahme eines Krieges.

Die zweite Voraussetzung betrifft die Ziele. Ich setze voraus, dass unser Ziel darin besteht, die
Wahrscheinlichkeit solcher Verbrechen zu verringern, egal ob sie gegen uns
oder gegen jemand anderes verübt werden sollen. Wenn Sie diese zwei
Voraussetzungen nicht akzeptieren, dann ist das was ich sagen werde nicht an
Sie gerichtet. Wenn wir sie akzeptieren, erheben sich daraus eine Reihe
Fragen, die eng miteinander zusammenhängen und viel Nachdenken verdienen.



Die fünf Fragen

Eine Frage, und die bei weitem Bedeutendste, ist die Frage nach dem was
jetzt gerade passiert
. Darin impliziert ist die Frage nach dem was wir
dagegen tun können. Die zweite Frage betrifft die sehr weitverbreitete
Annahme, dass das was am 11. September geschehen ist, ein historisches
Ereignis ist
, das die Geschichte verändern wird. Ich neige dazu dem
zuzustimmen. Ich denke es ist wahr. Es war ein historisches Ereignis, und
die Frage die wir uns stellen sollten, ist wieso. Die dritte Frage betrifft
diesen Titel, 'Der Krieg Gegen Terror'. Was genau ist das? Die vierte Frage,
die eingeschränkter aber bedeutend ist, betrifft die Ursachen des
Verbrechens vom 11. September
. Und die fünfte Frage über die ich ein wenig
reden möchte, dreht sich darum, welche politische Optionen es in diesem
Krieg gegen den Terror gibt
, und um mit den Situationen fertig zu werden
, die
dazu geführt haben.

Ich werde zu jeder Frage einige Sachen sagen. Ich würde in diesem Gespräch
gerne auch darüber hinauszugehen und andere Fragen anzusprechen. Dies sind
diejenigen die mir als herausragend eingefallen sind, aber Sie könnten
leicht andere gewählt haben.



1. Was passiert im Augenblick?

Das Verhungern von 3 - 4 Millionen Menschen

Nun, beginnen wir mit der augenblicklichen Lage. Ich werde über die
Situation in Afghanistan sprechen. Dabei werde ich mich nur an unkontroverse
Quellen halten, wie die New York Times [Publikumsgelächter]. Der New York
Times zufolge, sind 7 - 8 Millionen Menschen in Afghanistan unmittelbar vom
Hungertod bedroht. Das war im Grunde vor dem 11. September der Fall. Sie
überlebten durch internationale Hilfe. Am 16. September berichtete die
Times, und ich zitiere sie, "die Vereinigten Staaten forderten Pakistan auf,
die Lastwagenkonvoys, die den grössten Teil der Nahrung und anderer Vorräte
für die afghanische Bevölkerung lieferten, einzustellen". So weit ich
feststellen konnte, hat es hierzu in den Vereinigten Staaten, und was das
anbetrifft auch in Europa, keinerlei Reaktionen gegeben. Ich war am nächsten
Tag im nationalen Radio überall in Europa. Es gab meines Wissens nach weder
in den Vereinigten Staaten, noch in Europa eine Reaktion auf die Forderung,
Millionen von Menschen zum massiven Hungertod zu verurteilen. Die drohende
Militärschläge nach September, um die Zeit herum, erzwangen den Rückzug des
internationalen Hilfspersonals, was die Hilfsprogramme lähmte. Ich zitiere
wieder aus der New York Times. "Flüchtlinge, nach einer anstrengenden Reise
aus Afghanistan, beschreiben Szenen der Verzweiflung und Panik in ihrer
Heimat, als die Drohung amerikanischer Militärangriffe, ihren langen Elend
in eine potentielle Katastrophe verwandelt. Das Land hing an einem
Lebensfaden, und wir haben diesen Faden einfach durchgeschnitten." Ich
zitiere einen evakuierten Hilfsarbeiter aus der New York Times.

Das Welternährungsprogramm, das UN Programm, das bei weitem wichtigste,
konnte Anfang Oktober nach 3. Wochen wiederaufgenommen werden, sie begannen
wieder, im eingeschränkten Ausmass, Nahrungslieferungen aufzunehmen. Sie
haben keine internationale Hilfsarbeiter in Afghanistan, daher ist das
Verteilungssystem behindert. Dies wurde eingestellt sobald die
Bombardierungen begannen. Sie nahmen es dann in noch eingeschränkterem Masse
wieder auf, während die Hilfsorganisationen die US-Nahrungsmittelabwürfe
heftig verurteilten, und sie als Propagandawerkzeug verdammten, das
wahrscheinlich mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Dies ist zufällig ein
Zitat aus der London Financial Times, kann aber leicht weiterverfolgt
werden. Nach der ersten Woche der Bombardierungen, berichtete die New York
Times in einer Kolumne auf der letzten Seite etwas anderes, dass es nämlich
nach den Berechnungen der Vereinigten Staaten, bald 7.5 Millionen Afghaner
geben wird, die sogar noch eine Scheibe Brot dringend benötigen werden, und
dass nur noch wenige Wochen übrig sind, bis der rauhe Winter Lieferungen in
vielen Gegenden völlig unmöglich machen wird - ich zitiere weiter - aber
wegen den Bombenangriffen liegen die Lieferungen bei der Hälfte dessen, was
benötigt wird. Ein beiläufiger Kommentar. Der uns sagt, dass die westliche
Zivilisation mit der Abschlachtung von, nun, rechnen Sie selbst nach, mehr
oder weniger drei bis vier Millionen Menschen rechnet. Am selben Tag,
winkten die Anführer der westlichen Zivilisation, das Angebot einer
Auslieferung des angeblichen Zieles, Osama bin Laden, und eine Bitte einige
Beweise vorzulegen um die Forderung nach einer totalen Kapitulation zu
begründen, wieder einmal verachtungsvoll ab. Es wurde abgelehnt. Am selben
Tag, bat der UN-Sonderbeauftragte für Nahrung die Vereinigten Staaten die
Bombardierung einzustellen, um zu versuchen Millionen von Opfer zu retten.
Soweit mir das bekannt ist, gab es darüber keine Berichte. Das war am
Montag. Gestern schlossen sich die wichtigen Hilfsorganisationen OXFAM,
Christian Aid und andere sich der Bitte an. Darüber kann man in der New York
Times kein Bericht finden. Es gab eine Zeile darüber in der Boston Globe,
die in einem Artikel über ein anderes Thema versteckt war, Kashmir.



Stiller Völkermord

Nun, es wäre einfach das weiterzuführen, aber das alles, in erster Linie
zeigt es uns was passiert. Es sieht so aus, als ob das was passiert, eine
Art stiller Völkermord ist. Es liefert auch einen guten Einblick in die
Elitekultur, der Kultur der wir angehören. Es weist darauf hin, dass was
auch immer - passieren wird wissen wir nicht, aber Pläne werden gemacht und
Programme implementiert, und zwar unter der Annahme, dass sie zum Tod
mehrerer Millionen Menschen in den nächsten Wochen führen werden, sehr
beiläufig und ohne Kommentare, kein besonderes Nachdenken darüber, das ist
hier, und in einem Teil Europas nur normal. Nicht in der restlichen Welt. Im
Grunde noch nicht mal in einem grossen Teil Europas. Wenn Sie die irische
oder schottische Presse näher verfolgen, sind die Reaktionen sehr
verschieden. Nun, das ist es, was jetzt passiert. Was jetzt passiert
unterliegt ziemlich stark unserer Kontrolle. Wir können sehr viel tun, um
das was passiert zu beeinflussen. Und das ist es im grossen und ganzen.

2. Wieso war es ein historisches Ereignis?

Angriff auf das nationale Territorium

In Ordnung, wenden wir uns der etwas abstrakteren Frage zu, und vergessen
für einen Augenblick, dass wir uns anscheinend inmitten eines Mordversuches
an 3 bis 4 Millionen Menschen befinden, nicht an den Taliban natürlich,
sondern an dessen Opfer. Gehen wir zurück zu der Frage nach dem historischen
Ereignis vom 11. September. Wie ich schon sagte, denke ich dass dies
zutreffend ist. Es war ein historisches Ereignis. Bedauerlicherweise nicht
wegen seines Ausmasses, denn auch wenn man nicht gerne darüber nachdenkt,
sind seine Ausmasse nicht so aussergewöhnlich. Ich sagte, dass es die
wahrscheinlich grösste Anzahl sofortiger Opfer in der Geschichte gefordert
hat. Und das ist vielleicht richtig. Aber es gibt terroristische Verbrechen,
deren weiteren Auswirkungen unglücklicherweise noch extremer waren.
Nichtsdestotrotz ist es ein historisches Ereignis, weil es eine Veränderung
herbeigeführt hat. Die Veränderung galt der Richtung, in der die Gewehrläufe
gerichtet waren. Das ist neu. Auf radikaler Weise neu. Man nehme die
Geschichte der Vereinigten Staaten.

Das letzte Mal, dass sich das nationale Territorium der Vereinigten Staaten
angegriffen wurde, oder was das angeht, auch nur davon bedroht wurde, war
als die Briten 1814 Washington niederbrannten. Gewöhnlicherweise wird auch
Pearl Harbour erwähnt, aber das ist keine gute Analogie. Die Japaner, egal
was man darüber denkt, bombardierten Militärbasen in zwei US-Kolonien, nicht
das nationale Territorium; Kolonien, die ihren Einwohnern auf nicht gerade
nette Weise entrissen worden waren. Dieses Mal handelt es sich um das
nationale Territorium das im grossen Massstab angegriffen worden ist, man
kann einige Beispiele finden die dem nahekommen, aber das ist einzigartig.
Fast 200 Jahre lang, haben wir, die Vereinigten Staaten, die indigene
Bevölkerung, das heisst viele Millionen Menschen, vertrieben oder fast
vollständig vernichtet, halb Mexiko erobert, die ganze Karibik und
Mittelamerika geplündert und verwüstet, manchmal sogar darüberhinaus, Hawaii
und die Philippinen erobert und dabei Hunderttausende Philippinos getötet.
Seit dem Zweiten Weltkrieg, hat dies in einem Ausmass um die Welt gegriffen,
den ich nicht beschreiben muss. Aber dabei wurde immer jemand anderes
getötet, der Kampf fand irgendwo anders statt, es waren andere die
abgeschlachtet wurden. Nicht hier. Nicht auf nationalem Gebiet.



Europa

Im Fall Europas ist die Veränderung sogar noch dramatischer, weil ihre
Geschichte sogar noch schrecklicher ist als unsere. Wir sind im Grunde ein
Auswuchs Europas. Hunderte Jahre lang hat Europa beiläufig Menschen auf der
ganzen Welt massakriert. So haben sie die Welt erobert, nicht indem sie
Süssigkeiten an Kinder verteilten. Während dieser Periode litt Europa unter
mörderischen Kriegen, aber es waren immer europäische Mörder die sich
gegenseitig umbrachten. Hunderte Jahre lang bestand der Hauptsport Europas
daraus sich gegenseitig abzuschlachten. Der einzige Grund warum das in 1945
endete war, es hatte nichts mit Demokratie zu tun, oder damit keinen Krieg
gegeneinander zu führen und andere modische Vorstellungen. Es geschah weil
alle begriffen, dass das nächste Mal, dass sie dieses Spiel spielen würden,
es das Ende der Welt bedeuten würde. Denn die Europäer, einschliesslich uns,
hatten so massive Vernichtungswaffen entwickelt, dass das Spiel einfach
vorbei sein musste. Und das reicht hunderte von Jahren zurück. Im 17.
Jahrhundert wurde wahrscheinlich etwa 40% der deutschen Bevölkerung in einem
einzigen Krieg ausgelöscht. Aber während dieser ganzen mörderischen Periode
hindurch, waren es Europäer die sich gegenseitig abschlachteten, und
Europäer die Menschen andernorts abschlachteten. Der Kongo hat nicht Belgien
angegriffen, Indien hat nicht England angegriffen, Algerien hat nicht
Frankreich angegriffen. Es ist einheitlich. Es gibt auch kleine Aussnahmen,
aber in sehr geringen Aussmassen, fast unsichtbar verglichen mit den
Massstäben dessen was Europa und wir dem Rest der Welt antaten. Das ist die
erste Veränderung. Es ist das erste Mal, dass die Kanonen in die andere
Richtung zielten. Und meiner Meinung nach, ist das auch der Grund wieso man
so verschiedene Reaktionen auf beiden Seiten des irischen Meeres sieht, was
ich übrigens in vielen Interviews auf beiden Seiten, im nationalen Radio auf
beiden Seiten bemerkt habe. Die Welt sieht sehr unterschiedlich aus, je
nachdem ob man die Leine hält, oder Jahrhunderte hindurch damit verprügelt
worden ist. Deshalb denke ich, dass der Schock und die Überraschung in
Europa und seinen Ausläufern, wie hier, sehr verständlich ist. Es ist ein
historisches Ereignis, aber leider nicht wegen seiner Ausmasse, sondern aus
einem anderen Grund, weshalb die restliche Welt, der grösste Teil der Welt,
ihn ziemlich anders betrachtet. Nicht ohne Sympathie für die Opfer der
Greueltat, oder ohne von ihr entsetzt zu sein, das ist fast allgemein, aber
sie sehen es aus einer anderen Perspektive. Etwas, das wir vielleicht
verstehen möchten.



3. Was ist der Krieg gegen den Terrorismus?

Nun, wenden wir uns der dritten Frage zu, 'Was ist der Krieg gegen den
Terrorismus?', und einer Nebenfrage, 'Was ist Terrorismus?'. Der Krieg gegen
den Terrorismus ist an höchsten Stellen als ein Kampf gegen eine Plage
beschrieben worden, ein Krebs, der von Barbaren verbreitet wird, von
"verdorbenen Gegner der Zivilisation selbst." Dies ist eine Wahrnehmung die
ich teile. Die Worte die ich zitiere sind übrigens 20 Jahre alt. Sie stammen
von Präsident Reagen und seinem Innenminister. Die Reagen Regierung kam vor
20 Jahren an die Macht und verkündete, der Krieg gegen den internationalen
Terrorismus würde das Herzstück unserer Aussenpolitik sein, den sie mit
Worten in der Art beschrieben, wie ich sie gerade erwähnt habe, und ähnliche
mehr. Und es war das Herzstück unserer Aussenpolitik. Die Reagen Regierung
antwortete auf diese, von verdorbenen Gegner der Zivilisation verbreiteten
Plage, indem sie ein internationales terroristisches Netzwerk ohnegleichen
aufgebaut haben, von nie gekannten Ausmassen, das massive Greueltaten auf
der ganzen Welt verübte. Ich werde nicht die Errungenschaften aufzählen. Sie
sind alle gebildete Menschen, daher bin ich sicher, dass Sie darüber in der
Grundschule gelernt haben [Publikumsgelächter].



Reagans US-Krieg gegen Nicaragua

Aber ich werde nur einen Fall erwähnen, der völlig unkontrovers ist, deshalb
könnten wir genauso gut auch nicht darüber argumentieren. Keineswegs der
extremste, aber unkontrovers. Er ist unkontrovers aufgrund der Urteile der
höchsten internationalen Autoritäten, des Internationalen Gerichtshofes, des
Weltgerichtshofes, und des UN-Sicherheitsrates. Also ist dieser Fall
unkontrovers, zumindest unter Menschen, die zumindest einen Mindestmass an
Respekt vor internationalen Gesetzen, Menschenrechten, Gerechtigkeit und
solchen Dinge haben. Und nun gebe ich Ihnen eine Übung auf. Sie können
schätzen wie gross diese Kategorie ist, indem Sie einfach fragen, wie oft
dieser unkontoverse Fall in den Kommentaren des letzten Monats erwähnt
worden ist. Und dabei handelt es sich um einen höchst relevanten Fall, nicht
nur weil es unkontrovers ist, sondern weil er einen Präzedenzfall dafür
liefert, wie ein gesetzestreuer Staat auf einen internationalen Terrorismus
antworten sollte - und tatsächlich geantwortet hat - der unkontrovers ist.
Und sogar noch extremer gewesen ist als die Ereignise des 11. Septembers.
Ich spreche über Reagens US-Krieg gegen Nicaragua, der Zehntausende Opfer
gefordert hat und das Land vielleicht unwiederruflich ruiniert hat.



Nicaraguas Antwort

Nicaragua hat geantwortet. Sie haben nicht geantwortet indem sie Bomben auf
Washington abwarfen. Sie antworteten, indem sie vor dem Weltgerichtshof
gingen, und einen Fall präsentieren, bei dem sie ohne Schwierigkeiten
Beweise vorlegen konnten. Das Weltgerichtshof akzeptierte ihren Fall,
entschied zu ihren Gunsten, verurteilte was es als "unrechtmässige Anwendung
von Gewalt" bezeichnete - was ein anderes Wort für internationaler
Terrorismus ist - durch die Vereinigten Staaten, ordnete die Vereinigten
Staaten an, das Verbrechen zu beenden, und massive Reparationsleistungen zu
zahlen. Die Vereinigten Staaten wiesen die Entscheidung des Gerichts
natürlich verachtungsvoll zurück, und verkündete, die Jurisdiktion des
Gerichtshofes von diesem Zeitpunkt an nicht mehr anzuerkennen. Daraufhin
wandte sich Nicaragua an den UN-Sicherheitsrat, der eine Resolution erwog,
die alle Staaten dazu aufrief die internationalen Gesetze zu befolgen.
Niemand wurde namentlich genannt, aber alle verstanden worum es ging. Die
Vereinigten Staaten legten ein Veto gegen die Resolution ein. Die US sind
bis heute der einzige Staat der jemals, sowohl von dem Weltgerichtshof wegen
internationalem Terrorismus verurteilt worden ist, und ein Veto gegen eine
Resolution des Sicherheitsrates eingelegt hat, die Staaten dazu aufrief die
internationalen Gesetze zu achten. Daraufhin wandte sich Nicaragua an die
Generalversammlung, wo es technisch gesehen kein Veto gibt, aber eine
negative Stimme der Vereinigten Staaten wie ein Veto zählt. Die
Generalversammlung erliess eine ähnliche Resolution, der sich nur die
Vereinigten Staaten, Israel und El Salvador widersetzten. Im folgenden Jahr,
konnten die Vereinigten Staaten nur noch Israel für ihre Sache begeistern,
also standen zwei Stimmen gegen die Befolgung der internationalen Gesetze.
An diesem Punkt hatte Nicaragua keine gesetzlichen Möglichkeiten mehr. Es
hatte alle Mittel versucht. Sie funktionieren in einer Welt nicht, die von
Gewalt regiert wird.

Dieser Fall ist nicht kontrovers, ist aber bei weitem nicht der extremste.
Wir gewinnen viele Einblicke in unsere eigene Kultur und Gesellschaft und
dem was jetzt im Augenblick passiert, indem wir fragen "wie viel wissen wir
darüber? Wie viel reden wir darüber? Wie viel lernen wie darüber in der
Schule? Wie viel davon ist auf den ersten Seiten der Zeitungen zu lesen?"
Und das ist nur der Anfang. Die Vereinigten Staaten antworteten auf das
Weltgericht und dem Sicherheitsrat, indem sie den Krieg unverzüglich
eskalierten, was übrigens eine bipartisane Entscheidung war. Die Bedingungen
des Krieges wurden also geändert. Zum ersten Mal waren Befehle an eine
terroristische Armee gegeben worden - offizielle Befehle - sogenannte
"weiche Ziele" anzugreifen, womit ungeschützte zivile Ziele gemeint sind,
und sich von der nicaraguanischen Armee fernzuhalten. Sie waren dazu in der
Lage, weil die Vereinigten Staaten den Luftraum über Nicaragua vollkommen
kontrollierten, und die Söldnerarmee mit fortschrittlichen
Kommunikationsmittel ausgerüstet war; sie war keine Guerrillaarmee im
üblichen Sinn, und konnte Instruktionen über die Stellungen der
nicaraguanischen Armee erhalten, um landwirtschaftliche Kollektive,
Krankenhäuser und so weiter - weiche Ziele also - ungestraft angreifen zu
können. Das waren die offiziellen Befehle.



Welche Reaktion gab es darauf?

Welche Reaktion folgte? Das war bekannt. Es gab eine Reaktion darauf. Die
Politik wurde von der linken liberalen Meinung als vernünftig angesehen. Zum
Beispiel schrieb Michael Kinsely, der in der mainstream Diskussion die Linke
repräsentiert, in einem Artikel, wir sollten diese Politik nicht so schnell
kritisieren wie es Human Rights Watch gerade getan hatte. Er sagte, eine
"vernünftige Politik" müsste "dem Test der Kostenbenefizanalyse genügen",
das heisst - ich zitiere jetzt, die Analyse der "Menge an Blut und Elend die
sie fordern wird, und der Wahrscheinlichkeit, dass am Ende die Demokratie
folgen wird".Demokratie, in dem Sinne wie die Vereinigten Staaten den
Begriff verstehen, was durch die umliegenden Länder graphisch illustriert
wird. Es ist axiomatisch, dass die Vereinigten Staaten, die US-Eliten, das
Recht haben diese Analyse vorzunehmen und das Projekt durchzuführen wenn es
ihre Anforderungen besteht. Und es bestand ihre Anforderungen. Es
funktionierte. Als Nicaragua dem Angriff einer Supermacht endlich erlag,
preisten Kommentatoren laut und begeistert die angewandten Methoden, und
beschrieben sie ausführlich. Ich werde das Time Magazin zitieren, nur um
eins zu wählen. Sie lobten den Erfolg der angewandten Methoden: "die
Wirtschaft zu zerstören, und einen langen und tödlichen Krieg zu führen, bis
die erschöpften Eingeborenen die unerwünschte Regierung selbst stürzen," mit
Kosten, die für uns "minimal" sind, und die Opfer mit "zerstörten Brücken,
sabotierten Elektrizitätswerke und ruinierte Farmen" zurücklässt, und dem
US -Kandidaten somit ein "siegreiches Wahlversprechen" zur Verfügung stellt:
"den Elend des Volkes von Nicaragua zu beenden". Eine Schlagzeile der New
York Times verkündete angesichts dieses Ausganges "Amerikaner in Freude
vereint".



Terrorismus funktioniert - Terrorismus ist nicht die Waffe der Schwachen

Dies ist die Kultur in der wir leben, und sie enthüllt mehrere Fakten. Eins
davon ist die Tatsache, dass Terrorismus funktioniert. Er versagt nicht. Er
funktioniert. Gewalt funktioniert meistens. Das ist Weltgeschichte.
Zweitens, ist es ein sehr schwerer analytischer Fehler zu sagen, wie es
üblich getan wird, dass der Terrorismus die Waffe der Schwachen ist. Wie
andere Formen der Gewalt, ist er in erster Linie eine Waffe der Starken,
tatsächlich im überwältigendem Masse. Es wird für eine Waffe der Schwachen
gehalten, weil die Starken auch die doktrinäre Systeme kontrollieren, und
ihr Terrorismus nicht als Terrorismus zählt. Das ist beinahe universell. Es
fällt mir keine einzige historische Ausnahme ein, sogar die schlimmsten
Massenmörder betrachten die Welt auf diese Weise. Nehmen wir die Nazis. Sie
überzogen das besetzte Europa nicht mit Terror. Sie beschützten die
ansässigen Bevölkerungen vor dem Terrorismus der Partisanen. Und wie bei
anderen Widerstandsbewegungen, gab es Terrorismus. Die Nazis verübten
Gegenterrorismus. Darüberhinaus stimmten die Vereinigten Staaten dem im
weitesten Sinne zu. Nach dem Krieg führte die Armee der Vereinigten Staaten
ausführliche Studien über die Gegenterror-Operationen der Nazis in Europa
durch. Zuerst einmal sollte ich sagen, dass die US- sie aufgriffen und
selbst ausführten, oft gegen die gleichen Ziele des ehemaligen Widerstandes.
Aber das Militär studierte ebenfalls die Methoden der Nazis, veröffentlichte
interessante Studien darüber in denen sie diese manchmal kritisierten, weil
sie nicht effizient genug ausgeführt worden waren, also eine kritische
Analyse - das habt ihr nicht richtig gemacht, das habt ihr richtig gemacht.
Aber aus diesen Methoden, und mit der Beratung der Wehrmachtsoffiziere, die
in die Vereinigten Staaten geholt worden waren, entstanden die Handbücher
für Aufstandsbekämpfung, für Gegenterror, für den sogenannten Konflikt
niedriger Intensität, und das sind die Handbücher und das sind die
Verfahren, die gegenwärtig angewendet werden. Also haben es nicht nur die
Nazis getan. Es ist etwas, das die Anführer der westlichen Zivilisation -
das sind wir - als die richtige Vorgehensweise betrachteten, und zu dem sie
dann selbst griffen. Terrorismus ist nicht die Waffe der Schwachen. Es ist
die Waffe derer, die gegen "uns" sind, wer auch immer dieses "uns" gerade
ist. Und wenn Sie eine historische Ausnahme hierzu finden können, wäre ich
sehr daran interessiert sie zu erfahren.



Die Natur unserer Kultur - Wie wir den Terrorismus betrachten

Nun, ein interessanter Hinweis auf die Natur unserer Kultur, unserer hohen
Kultur, ist die Art in der all dies betrachtet wird. Eine Art es zu
betrachten besteht darin es zu unterdrücken. So dass fast niemand etwas
davon gehört hat. Und die Macht der amerikanischen Propaganda und
Indoktrinierung ist so gross, dass dies sogar unter den Opfern selbst,
weitgehend unbekannt ist. Ich meine, wenn man sich darüber mit Menschen in
Argentinien unterhält, muss man sie daran erinnern. Oh, ja, das ist
passiert, wir hatten es vergessen. Es wird tief unterdrückt, in
ideologischer und anderen Hinsichten.



Der Gedanke, dass Nicaragua das Recht gehabt haben könnte sich zu
verteidigen

Nun, ein Aspekt der viel über unsere eigene Haltung zum Terrorismus
enthüllt, ist die Reaktion auf den Gedanken, dass Nicaragua das Recht gehabt
haben könnte sich selbst zu verteidigen. Tatsächlich habe ich dies bereits
durch Datensuche und ähnliches etwas detailierter untersucht. Der Gedanke,
dass Nicaragua vielleicht das Recht gehabt haben könnte sich selbst zu
verteidigen wurde als empörend betrachtet. Es gibt praktisch keinen einzigen
Hinweis in Mainstream-Kommentare, der andeuten würde, dass Nicaragua dieses
Recht gehabt haben könnte. Und diese Tatsache wurde von der Reagen Regierung
und ihrer Propaganda auf interesanter Weise ausgebeutet. Jene von Ihnen die
diese Zeiten mitgekriegt haben, werden sich daran erinnern, wie sie
regelmässig Gerüchte ausstreuten, die Nicaraguaner würden von den Russen MIG
Kampfjets erhalten. An diesem Punkt spalteten sich die Falken und die
Tauben. Die Falken sagten, 'ok, bombardieren wir sie.' Die Tauben sagten
'wartet mal eine Minute, sehen wir ob die Gerüchte wahr sind. Und wenn die
Gerüchte wahr sind, dann bombardieren wir sie. Weil sie eine Bedrohung der
Vereinigten Staaten sind.' Wieso erhielten sie übrigens MIGs? Nun, sie
hatten versucht Kampfflugzeuge aus Europa zu erhalten, aber die Vereinigten
Staaten hatten ihre Verbündete unter Druck gesetzt, ihnen keine
Verteidigungsmittel zu senden, weil sie wollten, dass sie sich an die Russen
wandten. Das ist gut für Propagandazwecke. Dann werden sie zu einer
Bedrohung für uns. Denken Sie daran, dass Nicaragua nur zwei Tagesmärsche
von Harlington, Texas, entfernt liegt. Wir riefen 1985 in der Tat einen
nationalen Notstand aus, um das Land vor der Bedrohung aus Nicaragua zu
schützen. Und er blieb bestehen. Also war es viel besser wenn sie Waffen von
den Russen erhielten. Wozu sie Kampfflugzeuge haben wollten? Nun, aus den
Gründen die ich bereits erwähnt habe. Die Vereinigten Staaten hatten die
absolute Kontrolle über ihren Luftraum, und benutzte das, um der
terroristischen Armee Instruktionen zu liefern, die es ihr ermöglichte
weiche Ziele anzugreifen, ohne auf einer Armee zu stossen, die diese
verteidigen konnte. Jeder wusste, dass dies der Grund war. Sie würden ihre
Kampfflugzeuge für nichts anderes benutzen. Aber der Gedanke, dass es
Nicaragua gestattet sein sollte seinen Luftraum gegen den Angriff einer
Supermacht zu schützen, die terroristische Streitkräfte darauf ansetzte
zivile Ziele anzugreifen, das wurde in den Vereinigten Staaten als empörend
betrachtet, und das allgemein. Ausnahmen sind selten, ich kann sie praktisch
aufzählen. Ich sage nicht, dass Sie meinem Wort dafür vertrauen sollen.
Sehen Sie selbst nach. Das schliesst übrigens auch unsere eigenen Senatoren
mit ein.



Honduras - Die Ernennung von John Negroponte als Botschafter an die
Vereinten Nationen

Eine andere Illustration dessen, wie wir den Terrorismus betrachten
geschieht gerade im Augenblick. Die US haben gerade vor einigen Wochen,
einen Botschafter an die Vereinten Nationen ernannt, der den Krieg gegen den
Terrorismus anführen soll. Wer ist er? Nun, sein Name ist John Negroponte.
Er war der US-Botschafter des Vasallengebietes, das Honduras in den frühen
80´er Jahren gewesen ist. Es wurde wenig Aufhebens über die Tatsache
gemacht, dass er sich der Morde und den anderen Greueltaten, die von den
Sicherheitskräften von Honduras, die wir unterstützten, im grossen Masstab
verübt wurden, bewusst gewesen sein musste und es sicher auch war. Aber das
ist nur ein kleiner Teil. Als Prokonsul von Honduras, wie er dort genannt
wurde, war er der lokale Aufseher des in Honduras basierten terroristischen
Krieges gegen Nicaragua gewesen, für den seine Regierung von dem
Weltgerichtshof und dem Sicherheitsrat in einer blockierten Resolution
verurteilt worden ist. Und er wurde gerade zum UN-Botschafter ernannt, der
den Krieg gegen den Terrorismus anführen soll. Ein weiteres kleines
Experiment den Sie anstellen können, ist es herauszufinden welche Reaktionen
es darauf gegeben hat. Nun, ich könnte Ihnen sagen, was Sie finden werden,
aber finden Sie es für sich selbst heraus. Das sagt uns eine Menge über den
Krieg gegen den Terror, und eine Menge über uns selbst.

Nachdem die Vereinigten Staaten, unter den von der Presse so graphisch
beschriebenen Bedingungen, das Land erneut in Besitz nahmen, war das
Nicaragua in den 80´er Jahren ziemlich zerstört worden, ist aber seitdem in
so ziemlich jeder Hinsicht vollkommen zusammengestürzt. Seit der Übernahme
durch die Vereinigten Staaten, ist es wirtschaftlich, demokratisch und in
jeder anderen Hinsicht scharf abgefallen. Es ist nun das zweitärmste Land
der Hemisphäre. Ich sollte sagen. Ich werde nicht darüber reden, aber ich
erwähnte, dass ich Nicaragua ausgesucht habe, weil es ein unkontroverser
Fall ist. Wenn Sie sich die anderen Staaten in der Region ansehen, war der
Staatsterror dort viel extremer, und ist wieder nach Washington
zurückzuverfolgen, und das ist bei weitem nicht alles.



US & UK unterstützte Angriffe in Südafrika

Es geschah auch anderswo auf der Welt, nehmen wir zum Beispiel Afrika.
Alleine während der Reagen Regierung, töteten südafrikanische Angriffe mit
Unterstützung der Vereinigten Staaten und Grossbritannien,
US/UK-unterstützte, südafrikanische Angriffe gegen benachbarte Länder, mehr
als anderthalb Millionen Menschen, und verursachten einen Schaden und eine
Zerstörung im Wert von 60 Milliarden Dollar. Und wenn wir uns die ganze Welt
ansehen, können wir mehr Beispiele anführen.

Das also war eine kleine Kostprobe des ersten Krieges gegen den Terror.
Sollten wir dem Aufmerksamkeit schenken? Oder denken, dass es irgendwie
relevant wäre? Immerhin ist es nicht gerade graue Geschichte. Nun,
offensichtlich nicht, wie man aus der gegenwärtig stattfindenden Diskussion
des Krieges gegen den Terror ersehen kann, der im letzten Monat das
Hauptthema gewesen ist.



Haiti, Guatemala und Nicaragua

Ich erwähnte, dass Nicaragua zum zweitärmsten Land der Hemisphäre geworden
ist. Welches ist das ärmste Land? Nun, das ist natürlich Haiti, das
zufälligerweise auch zum Opfer der bei weitem meisten US-Interventionen des
20 Jahrhundert geworden ist. Wir haben es vollkommen verwüstet. Es ist das
ärmste Land. Nicaragua liegt bei der Anzahl von US-Interventionen im 20.
Jahrhundert an zweiter Stelle. Es ist das zweitärmste Land. Eigentlich
wetteifert es mit Guatemala. Sie wechseln sich jedes Jahr oder so darin ab,
wer das zweitärmste Land ist. Sie liegen auch darüber im Wettstreit, wer das
führende Ziel von US-Militärinteventionen ist. Wir sollen alle denken, dass
das irgendeine Art von Zufall ist. Das es nichts mit dem zu tun hat, was in
der Geschichte stattgefunden hat. Vielleicht.



Kolumbien und die Türkei

Der schlimmste Menschenrechtsverbrecher der 90´er Jahren, ist bei weitem
Kolumbien gewesen. Es ist ebenfalls der bei weitem führende Empfänger
US-militärischer Hilfe der 90´er Jahren gewesen, zur Aufrechterhaltung des
Terrors und der Menschenrechtsverletzungen. In 1999 ersetzte Kolumbien die
Türkei als den grössten Empfänger von US-Waffenverkäufe weltweit, das
heisst, ausser Israel und Ägypten, die eine Kategorie für sich sind. Und das
sagt uns im Grunde einiges mehr über den gerade stattfindenden Krieg gegen
den Terror.

Wieso erhielt die Türkei einen so riesigen Zustrom von US-Waffen? Nun, wenn
man die Einfuhr von US-Waffen in die Türkei betrachtet, erhielt die Türkei
immer eine Menge US-Waffen. Es ist strategisch plaziert, ein NATO-Mitglied
und so weiter. Aber der Zustrom von Waffen an die Türkei stieg in 1984 stark
an. Es hatte nichts mit dem Kalten Krieg zu tun. Ich meine Russland war
gerade dabei zu kollabieren. Und der Waffenstrom blieb hoch von 1984 bis
1999, als er abnahm, und die Türkei von Kolumbien als führender Empfänger
abgelöst wurde. Was passierte zwischen 1984 und 1999? Nun, in 1984 begann
die Türkei einen grossen terroristischen Krieg gegen die Kurden im Südosten
der Türkei. Und das war es, als die US-Militärhilfe anstieg. Und es ging
nicht nur um Pistolen. Es waren Kampfflugzeuge, Tanks, militärisches
Training und so weiter. Und die Unterstützung blieb hoch als die Greueltaten
während der 90´er Jahre eskalierten. Sie wurden von noch mehr Hilfe gefolgt.
Der Höhepunkt fand im Jahr 1997 statt. In 1997 war die US-Militärhilfe an
die Türkei höher als in der ganzen Periode von 1950 bis 1983 zusammen. Das
war die Periode des Kalten Krieges, was ein Hinweis darauf ist, wie viel der
Kalte Krieg die Politik tatsächlich beeinflusst hat. Und die Ergebnise waren
beeindruckend. Dies führte zu 2-3 Millionen Flüchtlingen. Eine der
schlimmsten ethnischen Säuberungen der späten 90´er Jahren. Zehntausende
Menschen wurden getötet, 3.500 Städte und Dörfer zerstört, viel mehr als in
Kosovo, sogar unter der NATO-Bombardierung. Und die US lieferte 80% der
Waffen, zunehmend mehr, je nachdem wie auch die Greueltaten zunahmen, mit
dem Höhepunkt in 1997. Das nahm 1999 wieder ab, da der Terror wieder einmal
funktioniert hatte, so wie es das meistens tut, wenn er von seinen
wichtigsten Agenten verübt wird, hauptächlich den Mächtigen. Um 1999 herum
hatte der türkische Terror, der natürlich als Gegenterror bezeichnet wurde,
aber das ist wie ich bereits sagte, universell, funktionert. Deshalb wurde
die Türkei durch Kolumbien ersetzt, das mit seinem terroristischer Krieg
noch kein Erfolg gehabt hatte. Und deshalb musste es als Empfänger von
US-Waffen an erster Stelle rücken.



Selbstbeglückwünschung der westlichen Intellektuellen

Was das ganze besonders bemerkenswert macht, ist dass dies alles inmitten
einer riesigen Welle von Selbstgratulationen westlicher Intellektuellen
stattfand, die wahrscheinlich in der Geschichte einzigartig ist. Ich meine,
Sie erinnern sich alle daran. Das war erst vor wenigen Jahren. Massive
Selbstbeweihräucherungen darüber, wie wir zum ersten Mal in der Geschichte
so grossartig wären; dass wir für Prinzipien und Werte standen; uns der
Beendigung der Unmenschlichkeit überall in der neuen Ära dieses oder jenes
verschrieben hätten, und so weiter. Und wir können natürlich keine
Greueltaten nahe der NATO-Grenzen tolerieren. Das wurde immer wieder
wiederholt. Nur innerhalb der NATO-Grenzen, wo wir nicht nur viel schlimmere
Greueltaten tolerieren, sondern auch noch zu ihnen beitragen können. Ein
anderer Einblick in die westliche und unserer eigenen Zivilisation, ist wie
oft dies zur Sprache gebracht worden ist? Versuchen Sie das nachzuschlagen.
Ich werde es nicht wiederholen. Aber es ist lehrreich. Es ist eine ziemlich
beeindruckende Leistung für ein Propagandasystem dies in einer freien
Gesellschaft fertigzubringen. Es ist ziemlich erstaunlich. Ich glaube nicht,
dass dies in einen totalitären Staat gelingen könnte.



Die Türkei ist äusserst dankbar

Und die Türkei ist sehr dankbar. Vor wenigen Tagen erst, gab der Erste
Minister Ecevit bekannt, dass die Türkei der Koalition gegen den Terror
beitreten würde, sehr enthusiastisch, sogar mehr so als andere. Tatsächlich
sagte er, dass sie Truppen beisteuern würden, was andere nicht zu tun bereit
gewesen sind. Und er erklärte weshalb. Er sagte, wir schulden der
Vereinigten Staaten sehr viel, weil die Vereinigten Staaten das einzige Land
gewesen sind, die bereit waren so massiv zu unserem eigenen - in seinen
Worten - "gegenterroristischen" Krieg beizutragen, das heisst zu unserer
eigenen massiven ethnischen Säuberung und unseren Greueltaten und Terror.
Andere Länder halfen ein wenig, hielten sich aber im Hintergrund. Die
Vereinigten Staaten andererseits beteiligten sich enthusiastisch und
entscheidend, und konnten das aufgrund des Schweigens - das richtigere Wort
wäre Ergebenheit - der gebildeten Klassen, die mit Leichtigkeit etwas
darüber hätten herausfinden können. Es ist immerhin ein freies Land. Man
kann Menschenrechtsberichte lesen. Man kann alle Arten von Dingen lesen.
Aber wir entschieden uns stattdessen zu den Greueltaten beizutragen, und die
Türkei ist sehr glücklich, sie schulden uns viel dafür, und werden daher
Truppen beisteuern, genau wie während des Krieges in Serbien. Die Türkei
wurde hochgepriesen, wegen des Einsatzes ihrer F-16´s, die wir ihr zur
Verfügung gestellt hatten um Serbien zu bombardieren, genau wie sie die
gleichen Flugzeuge gegen ihre eigene Bevölkerung eingesetzt hatte, bis es
ihnen endlich gelang den internationalen Terror, wie sie ihn nannten, zu
zermalmen. Und wie gewöhnlich, wie immer, schliesst Widerstand Terror mit
ein. Das war bei der Amerikanischen Revolution der Fall. Das war bei jedem
Fall so den ich kenne. Genau so wie es stimmt, dass jene die einen Monopol
auf Gewalt haben von sich selbst reden, als ob sie Gegenterror ausüben
würden.



Die Koalition - Einschliesslich Algerien, Russland, China, Indonesien

Nun, jetzt kommen wir zu etwas ziemlich beeindruckendes, und das betrifft
die Koalition die gerade organisiert wird, um den Krieg gegen den Terror zu
kämpfen. Und es ist sehr interessant zu sehen, wie diese Koalition
beschrieben wird. Also sehen wir uns mal die heutige Ausgabe des Christian
Science Monitors an. Das ist eine gute Zeitschrift. Eine der besten
internationalen Zeitschriften, mit wirklicher Berichterstattung rund um die
Welt. In dem Hauptartikel, die Story auf der ersten Seite, geht es darum wie
die Vereinigten Staaten, wisst ihr, wie die Menschen die Vereinigten Staaten
früher nicht mochten, aber nun würden sie beginnen sie zu respektieren, und
sind sehr glücklich über die Art in der die US diesen Krieg gegen den Terror
anführen. Und als wichtigstes Beispiel dafür - nun tatsächlich als einziges
ernsthafte Beispiel, die anderen sind ein Witz - wird Algerien genannt. Wie
es sich herausstellt, ist Algerien sehr enthusiastisch über den US-Krieg
gegen den Terror. Die Person die diesen Artikel geschrieben hat, ist ein
Experte für Afrika. Er muss wissen, dass Algerien eins der bösartigsten
terroristischen Staaten auf der ganzen Welt ist, und in den letzten Jahren
einen entsetzlichen Terror gegen seine eigene Bevölkerung ausgeübt hat. Eine
Zeitlang wurde dies verheimlicht. Aber es wurde letztlich in Frankreich
durch Deserteure der Algerischen Armee enthüllt. Das ist überall bekannt,
hier und in England und so weiter. Aber hier sind wir sehr stolz, weil eins
der schlimmsten terroristischen Staaten der Welt nun den US-Krieg gegen den
Terror enthusiastisch begrüsst, und die Vereinigten Staaten anfeuert den
Krieg anzuführen. Das zeigt wie populär wir werden.

Und wenn wir uns die Koalition ansehen, die sich gegen den Terror formiert,
sagt uns das eine Menge mehr. Ein führendes Mitglied der Koalition ist
Russland, das entzückt ist die Unterstützung der Vereinigten Staaten für
ihren eigenen mörderischen terroristischen Krieg in Tschechnien zu haben,
statt ihrer gelegentlichen Kritik aus dem Hintergrund. China schliesst sich
enthusiastisch an. Sie sind erfreut Unterstützung für die Greueltaten zu
haben, die sie im westlichen China gegen die - wie sie sie bezeichnen -
muslimischen Sezessionisten verüben. Die Türkei ist, wie schon erwähnt, sehr
glücklich über den Krieg gegen den Terror. Sie sind Experten. Algerien,
Indonesien freuen sich auf noch mehr US-Unterstützung für die Grausamkeiten,
die sie in Ache und anderswo begehen. Wir können die ganze Liste durchgehen;
die Liste der Staaten die sich der Koalition gegen den Terror angeschlossen
haben ist ziemlich beeindruckend. Sie alle haben ein gemeinsames Merkmal.
Sie befinden sich sicherlich unter den führenden terroristischen Staaten der
Welt. Und sie werden zufällig von dem Weltchampion angeführt.



Was ist Terrorismus?

Nun, das bring uns zurück zu der Frage, was ist Terrorismus? Ich habe
voraussgesetzt, das wir es verstehen. Nun, was ist es? Darauf gibt es einige
einfache Antworten. Es gibt eine offizielle Definition. Man kann sie im US
Code oder in US-Armeehandbücher finden. Eine kurze Erklärung aus einem
US-Armeehandbuch - das sollte ausreichend sein - besagt, Terror ist der
kalkulierte Einsatz von Gewalt, oder die Androhung von Gewalt, um politische
oder religiöse ideologische Ziele durch Einschüchterung, Zwang, oder Furcht
zu erreichen. Das ist Terrorismus. Das ist eine ausreichende Definition. Ich
denke es ist vernünftig das zu akzeptieren. Das Problem ist, dass es nicht
akzeptiert werden kann, den wenn wir es akzeptieren, folgen darauf lauter
schlechte Konsequenzen. Zum Beispiel, all die Konsequenzen die ich gerade
aufgezählt habe. Nun, gerade versucht man in den UN ein umfassendes Abkommen
über Terrorismus zu entwerfen. Als Kofi Annan vor ein paar Tagen den
Nobelpreis entgegennahm, sagte er Berichten zufolge, wir sollten aufhören
Zeit zu verschwenden, und uns richtig daran machen.

Aber es gibt ein Problem. Wenn man die offizielle Definition des Terrorismus
in dem umfassenden Abkommen verwendet, würde man die völlig falschen
Ergebnise erzielen. Also kann das nicht gemacht werden. Eigentlich ist es
sogar noch schlimmer als das. Wenn man sich die Definition der Kriegsführung
niedriger Intensität ansieht, die offizielle US-Politik ist, stellt man
fest, dass es eine sehr ähnliche Umschreibung dessen ist, was ich gerade
vorgelesen habe. Im Grunde, ist die Kriegsführung niedriger Intensität nur
ein anderer Name für Terrorismus. Deshalb bezeichnen alle Länder, soweit mir
das bekannt ist, alle entsetzlichen Taten die sie begehen als
Gegenterrorismus. Wir nennen es nur einfach Aufstandsbekämpfung oder
Konflikt niedriger Intensität. Also ist das ein ernsthaftes Problem. Man
kann die jetzigen Definitionen nicht verwenden. Man muss darauf achten eine
Definition zu finden, die keine falschen Konsequenzen nach sich zieht.



Weshalb haben die Vereinigten Staaten und Israel gegen eine Resolution für
die Verurteilung des Terrorismus gestimmt?

Es gibt noch ein paar andere Probleme. Einige davon tauchen in Dezember 1987
auf, auf dem Höhepunkt des ersten Krieges gegen den Terrorismus, und des
Aufruhres über die Plage. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen
erliess eine sehr starke Resolution gegen den Terrorismus, die ihn in der
höchsten Form verurteilte, und alle Staaten aufrief ihn auf jeder möglichen
Weise zu bekämpfen. Sie wurde einstimmig angenommen. Ein Land, Honduras,
enthielt sich der Stimme. Zwei Stimmen dagegen; die üblichen zwei, Die
Vereinigten Staaten und Israel. Warum sollten die Vereinigten Staaten und
Israel gegen eine Resolution stimmen, die den Terrorismus in höchster Form
verurteilte, im Grunde, mit den ziemlich gleichen Ausdrücken, die von der
Reagen Regierung benutzt wurden? Nun, dafür gibt es einen Grund. Diese lange
Resolution beinhaltet einen Paragraphen, der besagt, dass nichts in dieser
Resolution das Recht von Menschen beeinträchtigen würde, die gegen
rassisitische und kolonialistische Regime, oder fremde Militärregierungen
kämpfen würden, ihren Widerstand, mit Unterstützung anderer Staaten, für
ihre gerechte Sache fortzuführen. Nun, die Vereinigten Staaten und Israel
können dies nicht akzeptieren. Der Hauptgrund weshalb sie es zu jener Zeit
nicht tun konnten, war Südafrika. Südafrika war ein Verbündeter, wurde
offiziell als Verbündeter bezeichnet. In Südafrika gab es eine
terroristische Macht. Sie hiess der Afrikanische Nationale Kongress. Sie
waren offiziell eine terroristische Macht. Südafrika hingegen war ein
Verbündeter, und wir konnten sicher nicht die Aktionen einer terroristischen
Gruppe unterstützen, die gegen einer rassistischen Regierung kämpfte. Das
wäre unmöglich.

Und natürlich gibt es noch ein anderes Problem. Nämlich die Gebiete die
Israel seit nunmehr 35 Jahre besetzt. Unterstützt in erster Linie von den
Vereinigten Staaten um eine diplomatische Einigung seit mehr als 30 Jahre zu
blockieren. Und das kann man nicht machen. Es gab noch etwas anderes zu der
Zeit. Israel besetzte Südlibanon, und wurde von etwas bekämpft, was die US
als eine terroristische Macht bezeichnen, der Hizbollah, der es tatsächlich
gelang Israel aus Libanon hinauszutreiben. Und wir können niemandem erlauben
gegen eine militärische Besatzung zu kämpfen, wenn es eine ist die wir
unterstützen, und deshalb mussten die Vereinigten Staaten und Israel gegen
die UN Resolution gegen Terrorismus stimmen. Und ich habe bereits erwähnt,
dass eine Gegenstimme der US im Grunde einem Veto entspricht. Das ist nur
die halbe Geschichte. Es entspricht auch einem Veto aus der Geschichte.
Somit wurde nichts davon jemals berichtet, und nichts davon erschien jemals
in den Annalen des Terrorismus. Wenn man sich die gelehrten Werke über den
Terrorismus und so weiter ansieht, wird darin nichts davon erwähnt. Der
Grund liegt daran, dass hier die falschen Leute die Gewehre halten. Man muss
sich die Definitionen und die Gelehrsamkeit sorgfältig zuschleifen, um am
Ende die richtigen Schlussfolgerungen zu erhalten; ansonsten handelt es sich
dabei nicht um respektable Gelehrsamkeit und ehrlichen Journalismus. Nun,
dies sind einige der Probleme, die den Entwurf eines umfassenden Abkommens
gegen Terrorismus verhindern. Vielleicht sollten wir eine akademische
Konferenz oder etwas in der Art haben, um zu sehen, ob wir es schaffen den
Terrorismus auf eine Weise zu definieren, die nur zu den richtigen Antworten
führt, und nicht zu den falschen. Das wird nicht einfach sein.



4. Was sind die Ursachen des Verbrechens vom 11. September?

Nun, lassen wir das Thema fallen und wenden uns der 4. Frage zu. Was sind
die Ursachen der Verbrechen vom 11. September? Hier müssen wir zwei
Kategorien unterscheiden, die nicht durcheinander gebracht werden sollten.
Die eine sind die eigentlichen Verantwortlichen des Verbrechens, die andere
ist eine Art Reservoir von zumindest Sympathie, manchmal Unterstützung, die
sie sogar unter Menschen wecken, die die Verbrecher und diese Taten
vollkommen ablehnen. Und das sind zwei verschiedene Dinge.



Kategorie 1: Die möglichen Täter

Nun, was die Täter anbetrifft, sind wir uns in einem Sinn nicht wirklich im
Klaren. Die Vereinigten Staaten sind entweder nicht in der Lage oder nicht
willens irgendeine Art von Beweise, sinnvolle Beweise, vorzulegen. Vor eine
oder zwei Wochen fand eine Art Spiel statt, als Tony Blair aufgeboten wurde
um zu versuchen sie vorzustellen. Ich weiss nicht welchen Zweck das erfüllen
sollte. Vielleicht um die US so aussehen zu lassen, als ob sie irgendwelche
geheime Beweise zurückhalten würden, die sie nicht enthüllen können, oder um
zu zeigen dass Tony Blair angemessene Churchill-Posen einnehmen konnte, oder
irgendsowas. Was auch immer die Public Relations Gründe waren, gab er eine
Vorstellung die in seriösen Kreisen so absurd wirkte, dass sie kaum erwähnte
wurde. So brachte zum Beispiel der Wall Street Journal, eine der seriösesten
Zeitungen, ein kleines Artikel auf Seite 12, glaube ich, in dem sie darauf
hinwiesen, dass es nicht viel Beweise gegeben habe, und dann zitierten sie
irgendeinen hohen US-Beamten, der sagte, dass es keine Rolle spielte ob es
irgendwelche Beweise gäbe oder nicht, weil sie es so oder so tun würden.
Also wieso sich mit Beweisen abgeben? Die etwas ideologischere Presse, wie
die New York Times und andere Zeitungen, brachten grosse Schlagzeilen auf
der ersten Seite. Aber die Reaktion des Wall Street Journals war angemessen,
und wenn man die sogenannte Beweise betrachtet, kann man sehen wieso. Aber
nehmen wir mal an es würde stimmen. Ich bin darüber erstaunt wie schwach die
Beweise waren. Ich dachte irgendwie man könnte sogar ohne Geheimdienste eine
bessere Leistung als das bringen [Publikumsgelächter]. Erinnern Sie sich,
dass das im Grunde das Ergebnis von Wochen der intensivsten Ermittlung in
der Geschichte der westlichen Geheimdienste gewesen ist, die Überstunden
gemacht haben um etwas zusammenzustellen. Und es war ein Prima Facie, es war
ein sehr starker Fall, sogar noch bevor man irgendetwas in der Hand hatte.
Und es endete ungefähr da wo es angefangen hatte, mit einem Prima Facie
Fall. Also nehmen wir mal an es wäre wahr. Nehmen wir es mal an, es sah am
ersten Tag eindeutig so aus, und tut es immer noch, als ob die eigentlichen
Täter aus dem Kreis des radikalen Islams kommen, der sogenannten
fundamentalistischen Netzwerke, von denen bin Ladens Netzwerk sicherlich ein
wichtiger Teil ist. Ob sie daran beteiligt waren oder nicht weiss niemand.
Es spielt auch keine allzu grosse Rolle.



Woher kamen sie?

Das ist der Hintergrund, diese Netzwerke. Nun, woher kamen sie? Wir wissen
alles darüber. Niemand weiss darüber besser Bescheid als die CIA, denn sie
half dabei sie zu organisieren, und förderte sie lange Zeit. Sie wurden in
1980 sogar von der CIA und deren Verbündete überhaupt erst zusammengestellt:
Pakistan, Grossbritannien, Frankreich, Saudi Arabien, Ägypten; China war
daran beteiligt und könnte sogar schon etwas früher daran beteiligt gewesen
sein, vielleicht seit 1978. Die Idee war die Russen aufzureiben, den
gemeinsamen Feind. Präsident Carters Berater für Nationale Sicherheit,
Zbigniew Brzezinski zufolge, begann die Beteiligung der Vereinigten Staaten
Mitte 1979. Erinnern Sie sich daran, nur um die Jahreszahlen richtig zu
stellen, dass die russische Invasion in Afghanistan in Dezember 1979
stattgefunden hat. In Ordnung. Brzezinski zufolge begann die US
Unterstützung für die Mujahedin, die gegen die Regierung kämpften, bereits 6
Monate zuvor. Er ist sehr stolz darauf. Er sagt, wir hätten die Russen in -
in seine eigenen Worte - eine afghanische Falle gelockt, indem wir sie durch
die Unterstützung der Mujahedin dazu gebracht haben in Afghanistan
einzufallen, und dadurch in die Falle geführt haben. Dann konnten wir diese
grossartige Söldnerarmee aufbauen. Nicht gerade klein, ungefähr 100.000 Mann
oder, in der sie die besten Mörder zusammengebracht haben die sie finden
konnten, die radikalen islamischen Fundamentalisten aus Nordafrika, Saudi
Arabien. von überallr wo sie sie finden konnten. Sie wurden oft als Afghanis
bezeichnet, aber viele von ihnen, wie bin Laden, waren keine Afghaner. Sie
wurden von der CIA und deren Freunde von überallher zusammengebracht. Ob
Brzezinski die Wahrheit erzählt oder nicht, weiss ich nicht. Er mag
übertrieben haben, er ist scheinbar sehr stolz darauf, und kennt beiläufig
die Konsequenzen. Aber vielleicht ist es wahr. Wir werden es eines Tages
wissen, wenn die Dokumente jemals freigegeben werden. Das jedenfalls, ist
seine Wahrnehmung. Ab Januar 1980 gab es nicht einmal mehr Zweifel daran,
dass sie US die Afghanis und diese massive militärische Macht organisierte,
um zu versuchen den Russen so viele Schwierigkeiten wie möglich zu machen.
Es war für die Afghaner eine völlige legitime Sache gegen die russische
Invasion zu kämpfen. Aber die US-Intervention half den Afghanern nicht. Im
Grunde half sie dabei das Land und noch viel mehr zu zerstören. Die
sogenannten Afghanis schafften es letztendlich die Russen zum Rückzug zu
zwingen. Obwohl viele Analysten glauben, dass dies den Rückzug
möglicherweise verzögert hat, weil sie versuchten da rauszukommen. Wie auch
immer, zogen sie sich jedenfalls zurück.

Inzwischen verfolgten die terroristischen Kräfte, die die CIA organisierte,
bewaffnete und ausbildete, ihre eigenen Ziele. Das war kein Geheimnis. Eine
der ersten Handlungen fand in 1981 statt, als sie den ägyptischen
Präsidenten ermordeten, der einer ihrer begeistertsten Erschaffer gewesen
war. In 1983 trieb ein Selbstmordbomber der mit ihnen in Verbindung
gestanden haben könnte oder auch nicht, das ist sehr verschwommen, niemand
weiss es - aber ein Selbstmordbomber trieb die US-Armee aus dem Libanon
hinaus. Und so ging es weiter. Sie haben ihre eigenen Ziele. Die US waren
glücklich sie zu mobilisieren um für ihre Sache zu kämpfen, aber inzwischen
machten sie ihr eigenes Ding. Sie haben das sehr klar zum Ausdruck gebracht.
Nach 1989, als die Russen sich zurückzogen, haben sie sich einfach woanders
hingewandt. Seitdem haben sie in Tschechenien, Westchina, Bosnien, Kashmir,
Sürostasien, Nordafrika, im gesamten Gebiet gekämpft.



Sie erzählen uns das was sie glauben

Sie erzählen uns nur das was sie glauben. Die Vereinigten Staaten wollen den
einzigen freien Fernsehsender in der ganzen arabischen Welt zum Schweigen
bringen, weil es eine breite Auswahl von Informationen sendet, von Powell
bis Osama bin Laden. Also schliessen sich die US jetzt den repressiven
arabischen Regime an, die versuchen den Sender zum Schweigen zu bringen.
Aber es lohnt sich zuzuhören, sich anzuhören was Bin Laden zu sagen hat. Es
gibt eine Menge Interviews. Und es gibt viele Interviews mit westlichen
Reportern, wenn man seine eigene Stimme nicht hören möchte, Robert Fisk und
andere. Und was er sagt ist seit langer Zeit ziemlich konsistent geblieben.
Er ist nicht der einzige, aber vielleicht ist er der eloquenteste. Es ist
nicht nur lange Zeit konsistent geblieben, sondern steht auch in Einklang
mit ihren Handlungen. Also gibt es einen Grund um das ernstzunehmen. Ihr
Hauptgegner ist das was sie als die korrupten, repressiven, autoritäre und
brutale Regierungen der arabischen Welt bezeichnen, und wenn sie das sagen,
findet das in der Region einen ziemlichen Anklang. Sie wollen sie auch durch
"richtige" islamische Regierungen ersetzen. Das ist es wo sie die Menschen
in der Region verlieren. Aber bis zu diesem Punkt, sind sie auf ihrer Seite.
Aus ihrer Sicht, ist ihnen noch nicht mal Saudi Arabien islamistisch genug,
der wahrscheinlich extremste fundamentalistische Staat der Welt mit Ausnahme
der Talibans, der ein Auswuchs davon ist. Gut, also ab diesen Punkt,
erhalten sie nur sehr wenig Unterstützung, aber bis zu diesem Punkt erhalten
sie eine Menge Unterstützung. Sie wollen auch Muslime anderorts verteidigen.
Sie hassen die Russen wie Gift, aber sobald die Russen sich aus Afghanistan
zurückgezogen haben, hörten sie auf in Russland terroristische Anschläge
auszuführen, wie sie es davor mit CIA Unterstützung getan hatten. Sie
wechselten über zu Tschechenien. Aber dort verteidigen sie Muslime gegen
eine russische Invasion. Das selbe gilt für alle anderen Plätze die ich
erwähnt habe. Aus ihrer Sicht, verteidigen sie Muslime gegen Ungläubige. Und
sie sind sehr bestimmt darüber, und das ist es was sie getan haben.



Warum haben sie sich gegen die Vereinigten Staaten gewandt?

Wieso haben sie sich also gegen die Vereinigten Staaten gewandt? Nun das hat
etwas mit dem zu tun, was sie als die US-Invasion von Saudi Arabien
bezeichnen. In 1990 errichteten die US permanente Militärbasen in Saudi
Arabien, was aus ihrer Sicht mit der russischen Invasion Afghanistans
vergleichbar ist, ausser dass Saudi Arabien viel bedeutender ist. Es ist die
Heimat der heiligsten Orte des Islams. Und das war der Punkt an dem sich
ihre Aktivitäten gegen die Vereinigten Staaten gerichtet haben. Wenn Sie
sich erinnern, haben sie in 1993 versucht den World Trade Center in die Luft
zu jagen. Das war nur teilweise erfolgreich, und es war nur ein Teil des
Plans. Sie planten auch das UN-Gebäude, die Holland und Lincoln Tunnels und
das FBI-Gebäude in die Luft zu sprengen. Ich denke da waren auch noch andere
Ziele auf ihrer Liste. Nun, das klappte nur zum Teil, aber nicht ganz. Eine
Person unter den vielen die dafür verhaftet worden sind, war ein ägyptischer
Geistlicher, der trotz der Einwände der Einwanderungsbehörde, durch die
Intervention der CIA, die ihrem Freund helfen wollten in das Land gebracht
wurde. Ein paar Jahre später versuchte er das World Trade Center in die Luft
zu sprengen. Und das ging so weiter. Ich werde nicht die ganze Liste
durchgehen, aber sie ist, wenn Sie das verstehen wollen, konsistent. Es ist
ein konsistentes Bild. Es ist in Worten beschrieben. Es wurde 20 Jahre lang
durch Handlungen enthüllt. Es gibt kein Grund das nicht ernst zunehmen. Das
ist die erste Kategorie, die möglichen Täter.



2 Kategorie: Was ist mit dem Reservoir an Unterstützung?

Was ist mit dem Reservoir and Unterstützung? Nun, es ist nicht schwer
herauszufinden was das ist. Eine gute Seite dessen was seit dem 11.
September passiert ist, ist dass ein Teil der Presse und der Diskussionen
angefangen haben sich für diese Dinge mehr zu öffnen. Das meines Wissens
nach beste, ist der Wall Street Journal, der innerhalb weniger Tage,
unverzüglich anfing seriöse Berichte zu bringen, seriöse Berichte zu suchen,
über die Gründe, weshalb die Leute dieser Region, obwohl sie Bin Laden
hassen und alles was er tut verachten, ihn dennoch auf viele Arten
unterstützen und ihn sogar als das Gewissen des Islams betrachten, wie
jemand sagte. Der Wall Street Journal und andere untersuchen nicht die
öffentliche Meinung. Sie untersuchen die Meinungen ihrer Freunde: Bankiers,
Professionisten, internationale Anwälte, Geschäftsmänner mit Verbindungen zu
den Vereinigten Staaten, Menschen, die sie in einem McDonald´s interviewen,
der dort drüben als elegantes Restaurant gilt, und teure amerikanische
Kleidung tragen. Das sind die Leute die sie interviewen, weil sie
herausfinden wollen welche Haltung sie einnehmen. Und ihre Haltung ist sehr
deutlich und sehr klar, und in vielen Hinsicht in Einklang mit der Botschaft
von bin Laden und anderen. Sie sind sehr wütend auf die Vereinigten Staaten,
wegen ihrer Unterstützung autoritärer und brutaler Regime; ihrer
Intervention alle Bewegungen in Richtung Demokratie zu blockieren; ihre
Internvention die wirtschaftliche Entwicklung zu blockieren; ihre Politik,
die Zivilgesellschaft von Irak zu vernichten, während sie Saddam Hussein
stärken; und sie erinnern sich daran, auch wenn wir es vorziehen es nicht zu
tun, dass die Vereinigten Staaten und Grossbritannien Saddam Hussein,
während seiner schlimmsten Grausamkeiten unterstützt haben, einschliesslich
der Vergasung von Kurden, die bin Laden ständig zur Sprache bringt, und sie
wissen es, auch wenn wir es nicht wissen wollen. Und natürlich ihre
Unterstützung für die israelische Militärbesatzung, die hart und brutal ist.
Sie dauert jetzt seit 35 Jahren an. Die US hat eine überwältigende
wirtschaftliche, militärische und diplomatische Unterstützung für sie
beigesteuert, und tut es weiterhin. Und sie wissen das, und es gefällt ihnen
nicht. Besonders in Verbindung mit der US-Politik gegen den Irak, gegen die
irakische Zivilgesellschaft, die vernichtet wird. Gut, das sind, grob
umrissen, die Gründe. Und wenn bin Laden diese Gründe nennt, erkennen die
Menschen sie und unterstützen sie.

Nun, das ist nicht die Art in der die Menschen hier gerne darüber
nachdenken, zumindest nicht die gebildete, liberale Meinung. Sie bevorzugen
die folgende Linie, die von der ganzen Presse übernommen worden ist,
insbesondere übrigens von Linksliberalen. Ich habe noch keine Studie darüber
gemacht, aber ich denke, dass die rechtsgerichtete Meinung im allgemeinen
ehrlicher war. Aber nehmen wir uns zum Beispiel das erste Editorial von
Ronald Steel, das in der New York Times veröffentlicht wurde, einem seriösen
linksliberalen Intellektuelen. Er fragt "Wieso hassen sie uns"? Ich glaube
das war am selben Tag, an dem der Wall Street Journal die Umfrage darüber
wieso sie uns hassten brachten. Er sagte "Sie hassen uns, weil wir eine neue
Weltordnung des Kapitalismus, Individualismus, Sekularismus und Demokratie
anführen, die überall die Norm sein sollte." Deshalb hassen sie uns. Am
selben Tag untersuchte der Wall Street Journal die Meinungen von Bankiers,
Professionisten und internationale Anwälte die sagten, "Seht mal, wir hassen
euch weil ihr die Demokratie blockiert, ihr verhindert die wirtschaftliche
Entwicklung, ihr unterstützt brutale Regime, terroristische Regierungen, und
ihr tut all diese schrecklichen Sachen in der Region". Wenige Tage später,
erklärte Anthony Lewis, sehr links, die Terroristen würden nur einen
"apokalyptischen Nihilismus" anstreben, nichts anderes, und nichts das wir
tun spielt dabei eine Rolle. Die einzige Konsequenz unserer Aktionen, sagt
er, die schädlich sein könnte, ist dass sie es den Arabern schwerer macht
sich den anti-terroristischen Bemühungen der Koalition anzuschliessen. Aber
darüberhinaus, ist alles was wir tun irrelevant.

Nun, das hat den Vorteil irgendwie tröstlich zu sein. Es gibt einem ein
gutes Gefühl über sich selbst und wie wundervoll man ist. Es ermöglicht uns
den Konsequenzen unseres Tuns aus dem Weg zu gehen. Es hat einige Fehler.
Zum einen widerspricht es allem was wir wissen. Und zum anderen ist es eine
perfekte Art sicherzustellen, dass wir den Kreis der Gewalt eskalieren. Wenn
man mit dem Kopf in den Sand leben möchte, und vorgeben sie würden uns
hassen weil sie gegen die Globalisiserung sind, dann ist das auch der Grund
weshalb sie vor 20 Jahre Sadat umgebracht haben, die Russen bekämpft und
versucht haben den World Trade Center in 1993 in die Luft zu jagen. Und das
sind alles Menschen die inmitten der Globalisierung stehen, aber wenn man
das glauben will, ja, das ist tröstlich. Und es ist eine tolle Art
sicherzustellen, dass die Gewalt eskalieren wird. Das ist Stammesgewalt. Du
hast mir etwas angetan, ich werde dir etwas schlimmeres antun, egal was die
Gründe sind. Wir machen einfach so weiter. Und das ist eine Art es so zu
tun. Das ist so ziemlich die ehrliche, linksliberale Haltung dazu.



5. Welche politischen Optionen gibt es?

Welche politischen Optionen gibt es? Nun, da gibt es eine Reihe. Eine Option
wäre von Anfang an gewesen, dem Rat solcher extremen Radikalen zu folgen,
wie dem Papst [Publikumsgelächter]. Der Vatikan sagte unverzüglich, seht
mal, das ist ein entsetzliches terroristisches Verbrechen. Im Fall eines
Verbrechens, versucht man die Täter zu finden und vor Gericht zu bringen.
Man tötet keine unschuldigen Zivilisten. Als ob jemand mein Haus ausrauben
würde, und ich glaube, dass der Typ der es getan hat wahrscheinlich irgendwo
in der Nachbarschaft, auf der anderen Strassenseite ist; dann gehe ich auch
nicht mit einem Gewehr auf die Strasse und erschiesse jeden in der
Nachbarschaft. Das ist nicht die Art in der man mit Verbrechen umgeht, ob es
sich nun um so ein kleines Verbrechen handelt, oder um ein wirklich grosses,
wie der US-terroristische Krieg gegen Nicaragua, sogar schlimmere, und
einige die dazwischen liegen. Und es gibt viele Präzedenzfälle dafür. Im
Grunde habe ich ein Präzedenzfall erwähnt, Nicaragua, ein gesetzestreuer
Staat, weshalb wir es wahrscheinlich vernichten mussten, der die richtigen
Prinzipien befolgte. Natürlich brachte ihnen das nichts, weil sie gegen eine
Macht ankämpften, die es gesetzestreuen Verfahren nicht erlaubt befolgt zu
werden. Aber wenn die Vereinigten Staaten versuchen würden sie zu befolgen,
würde sie niemand davon abhalten. Tatsächlich würden alle applaudieren. Und
es gibt zahlreiche andere Präzedenzfälle. Die IRA Bombenanschläge in London.
Als die IRA Bomben in London legte, was eine ziemlich ernste Sache ist,
hätte Grossbritannien - von der Tatsache mal abgesehen, dass es
undurchführbar gewesen wäre - eine mögliche Antwort hätte sein können Boston
zu zerstören, von wo der grösste Teil der IRA Finanzierung stammt. Und
natürlich den westlichen Teil von Belfast auszulöschen. Nun ja, von der
Undurchführbarkeit mal abgesehen, wäre es eine sträfliche Dummheit gewesen.
Die richtige Art damit umzugehen, war ziemlich genau das was sie getan
haben, also die Täter ausfindig machen, sie vor Gericht bringen und sich die
Ursachen betrachten, denn solche Dinge passieren nicht aus heiterem Himmel.
Sie werden von irgendetwas verursacht. Ob es ein Verbrechen auf der Strasse
ist, oder ein monströses terroristisches Verbrechen oder etwas anderes. Es
gibt Gründe. Und meistens, wenn man sich die Gründe ansieht, sind einige von
ihnen legitim und sollten angesprochen werden, unabhängig von dem
Verbrechen, sie sollten angesprochen werden, weil sie legitim sind. Und so
muss damit umgegangen werden. Es gibt viele solcher Beispiele.

Aber damit gibt es Probleme. Ein Problem besteht darin, dass die Vereinigten
Staaten die Jurisdiktion der internationalen Institutionen nicht anerkennt.
Also können sie sich nicht an diese richten. Die US haben die Jurisdiktion
des Weltgerichtshofes zurückgewiesen. Sie haben es abgelehnt das
Internationale Gerichtshof (ICC) zu ratifizieren. Sie sind mächtig genug ein
neues Gericht einzusetzen, wenn sie es wollten, also würde das gar nichts
enden. Aber es gibt ein Problem mit jedem Gerichtshof, und zwar
hauptsächlich, dass man Beweise braucht. Wenn man zu einem Gericht geht,
braucht man irgendwelche Beweise. Nicht Tony Blair der darüber im Fernsehen
redet. Und das ist sehr schwierig. Sie könnten vielleicht unmöglich zu
finden sein.



Führungsloser Widerstand

Es könnte sein, dass die Menschen die es getan haben, sich selbst umgebracht
haben. Niemand weiss das besser als die CIA. Dies sind dezentralisierte,
nicht-hierarchische Netzwerke. Sie folgen einem Prinzip der sich
'Führungsloser Widerstand' nennt. Das ist ein Prinzip, der von den
christlichen rechten Terroristen in den Vereinigten Staaten entwickelt
worden ist. Man hat kleine Gruppe die Sachen tun. Sie reden zu niemand
anderes. Es gibt eine Art verwandter Hintergrund von Voraussetzungen, und
dann tut man es. Die Menschen in der Antikriegsbewegung sind im Grunde sehr
damit vertraut. Wir nannten dies Affinitätsgruppen. Wenn man annehmen muss,
dass welche Gruppe auch immer man angehört, von dem FBI infiltriert wird,
dann bespricht man nicht in einem Treffen wenn etwas ernstes passieren soll.
Man tut es mit den Menschen die man kennt und denen man vertraut, eine
Affinitätsgruppe, und die wird nicht infiltriert. Das ist eine der Gründe,
weshalb die FBI nie in der Lage gewesen ist herauszufinden was in
irgendeiner dieser zivilen Bewegungen vor sich ging. Und anderen
Geheimdiensten geht es genauso. Sie können es nicht. Das ist führerloser
Widerstand, oder Affinitätsgruppen, und dezentralisierte Netzwerke sind
schwer zu durchdringen. Und es ist durchaus möglich, dass sie es einfach
nicht wissen. Wenn Osama bin Laden behauptet nicht beteiligt gewesen zu
sein, ist das vollkommen möglich. Es ist tatsächlich ziemlich schwer
vorstellbar, wie ein Kerl in einer Höhle in Afghanistan, der nicht einmal
Radio oder Telefon hat, eine so hochentwickelte Operation geplant haben
könnte. Es ist möglich, das es ein Teil des Hintergrundes ist, wie andere
führerlose terroristische Widerstandsgruppen. Was heisst, dass es extrem
schwierig sein wird Beweise zu finden.



Glaubwürdigkeit aufbauen

Und die US wollen keine Beweise vorlegen, weil sie in der Lage sein wollen
es zu tun, ohne Beweise zu handeln. Das ist ein entscheidender Teil der
Reaktion. Man kann sehen, dass die US nicht um die Autorisation des
Sicherheitsrates ersucht hat, die sie dieses Mal vielleicht erhalten hätten,
nicht aus hübschen Gründen, sondern weil die anderen ständigen Mitglieder
des Sicherheitsrates auch terroristische Staaten sind. Sie sind nur
allzufroh sich einer Koalition gegen das was sie als Terror bezeichnen
anzuschliessen, um nämlich ihren eigenen Terror zu unterstützen. Russland
hätte kein Veto eingelegt, sie lieben es. Deshalb hätten die US
wahrscheinlich die Autorisation des Sicherheitsrates kriegen können, aber
sie wollten es nicht. Und sie wollten es nicht, weil sie einem seit langer
Zeit stehenden Prinzip folgen, das nicht von George Bush stammt, es gab ihn
schon während der Clinton Regierung, und reicht noch viel weiter zurück, und
zwar, dass wir das Recht haben unilateral zu handeln. Wir wollen keine
internationale Autorisation, weil wir unilateral handeln, und deshalb wollen
wir es nicht. Wir scheren uns nicht um Beweise. Wir scheren uns nicht um
Verhandlungen. Wir scheren und nicht um Abkommen. Wir sind die stärksten,
der härteste Typ auf der Strasse. Wir tun was wir wollen. Autorisation ist
eine schlechte Sache, und muss deshalb vermieden werden. Dafür gibt es sogar
einen namen in der technischen Literatur. Es heisst Glaubwürdigkeit
aufbauen. Man muss Glaubwürdigkeit aufbauen. Das ist ein wichtiger Faktor in
der Politik. Es wurde als offizieller und einleuchtendster Grund für den
Balkankrieg geliefert.

Wenn Sie wissen möchten was Glaubwürdigkeit bedeutet, fragen Sie den Mafia
Don ihrer Wahl. Er wird Ihnen erklären was Glaubwürdigkeit bedeutet. Und es
hat die selbe Bedeutung in internationale Angelegenheiten, ausser dass man
hier in Universitäten mit grossen Worten darüber spricht. Aber es ist im
Grunde das gleiche Prinzip. Und es macht Sinn. Und meistens funktioniert es.
Der wichtigste Historiker der darüber in den letzten Jahren geschrieben hat,
ist Charles Tilly, mit einem Buch namens "Zwang, Kapital und die
Europäischen Staaten". Er weist darauf hin, dass Gewalt Hunderte Jahre
hundurch das führende Prinzip Europas gewesen ist, und zwar aus dem Grund,
dass sie funktioniert. Das ist sehr einleuchtend. Sie funktioniert fast
immer, wenn man eine überwältigende Vorherrschaft der Gewalt hat, und
dahinter eine Kultur der Gewalt. Deshalb macht es Sinn dem Prinzip zu
folgen. Nun, das sind alles Probleme bei der Befolgung gesetzestreuer Pfade.
Und wenn man versucht sie zu befolgen, öffnet man einige sehr gefährliche
Türen. Wie zum Beispiel die Forderung der US an den Taliban Osama bin Laden
auszuliefern, und sie antworten auf eine Weise, die im Westen als völlig
absurd und fremdartig angesehen wird. Sie sagen nämlich, Ok, aber zeigt uns
zuerst einige Beweise. Im Westen gilt das als lächerlich. Es ist ein Beweis
ihrer Kriminalität. Wie können sie nach Beweise fragen? Ich meine, wenn uns
irgendjemand aufgefordet hätte jemanden auszuliefern, hätten wir es sofort
getan, wir würden nicht nach Beweisen fragen. [Publikumsgelächter]



Haiti

Eigentlich wäre es einfach das nachzuprüfen. Wir müssen keine Fälle
erfinden. So hat zum Beispiel Haiti die Vereinigten Staaten seit Jahren
ersucht Emmanuel Constant auszuliefern. Er ist ein Massenmörder. Er ist
einer der Anführer des Massakers an vielleicht 4000 oder 5000 Menschen in
den mittleren 90´er Jahren, während der Militärjunta, die entgegen allen
Illusionen, ganz nebenbei auch noch, auf nicht sehr verborgene Art und
Weise, von den Bush und Clinton Regierungen unterstützt worden war. Wie auch
immer, er ist ein führender Mörder. Sie haben unzählige Beweise. Kein
Problem mit den Beweisen. Er wurde in Haiti bereits vor Gericht gestellt und
verurteilt, und nun ersuchen sie die Vereinigten Staaten ihn zu übergeben.
Nun, ich meine, schlagen Sie selbst nach. Sehen Sie wieviel hier darüber in
der Öffentlichkeit gesprochen worden ist. Tatsächlich hat Haiti diesen
Gesuch vor einigen Wochen erneuert. Es fand noch nicht mal eine Erwähnung.
Wieso sollten wir einen überführten und verurteilten Killer ausliefern, der
vor einigen Jahren für die Ermordung von 4000 oder 5000 Menschen
verantwortlich gewesen ist. Im Grunde, wenn wir ihn ausliefern, wer weiss
was er erzählen würde. Vielleicht würde er sagen, dass er von der CIA
finanziert und unterstützt worden ist, was wahrscheinlich wahr ist. Diese
Tür wollen wir nicht öffnen. Und er ist nicht der einzige.



Costa Rica

Seit nunmehr 15 Jahren, hat Costa Rica - der demokratische Preis - versucht
die Vereinigten Staaten dazu zu bringen ihnen John Hull zu übergeben, ein
US-Landbesitzer in Costa Rica, den sie terroristischer Verbrechen anklagen.
Er benutzte sein Land, behaupten sie mit glaubwürdige Beweise, als eine
Basis für den US Krieg gegen Nicaragua, was, wenn sie sich erinnern, kein
kontroverser Fall ist. Der Weltgerichtshof und der Sicherheitsrat haben sich
bereits damit befasst. Also haben sie versucht die Vereinigten Staaten dazu
zu bringen, ihn auszuliefern. Haben Sie darüber schon mal etwas gehört?
Nein. Daraufhin haben sie das Land eines anderen amerikanischen
Landbesitzers konfisziert, John Hamilton. Sie boten und zahlten dafür
Wiedergutmachung. Die US lehnten ab. Sie verwandelten sein Land in einen
Nationalpark, weil das Land ja auch als eine Basis für die US-Angriffe gegen
Nicaragua benutzt wurde. Dafür wurde Costa Rica bestraft. Sie wurden
bestraft, indem ihnen Hilfe vorenthalten wurde. Wir akzeptieren diese Art
von Insubordination unserer Vebündeten nicht. Und so können wir
weitermachen. Wenn man die Tür zu Fragen der Auslieferung aufstösst, führt
das in sehr unangenehme Richtungen. Also kann man das nicht machen.



Reaktionen in Afghanistan

Nun, wie steht es um die Reaktionen in Afghanistan. Der ursprüngliche
Vorschlag, die ursprüngliche Rhetorik, sprach sich für einen massiven
Angriff aus, der sichtbar viele Menschen töten würde, und auch für einen
Angriff auf andere Länder in der Region. Nun, die Bush Regierung nahm
klugerweise davon Abstand. Alle ausländischen Staatsführer, die NATO, allen
anderen, jeder Spezialist, ich schätze auch ihre eigenen Geheimdienste,
sagten ihnen, dass dies das dämlichste sein würde was sie tun könnten. Das
wäre wie eine öffentliche Rekrutierungsaktion für bin Laden in der ganzen
Region. Das ist genau das was er möchte. Und es wäre extrem schädlich für
ihre eigenen Interessen. Also sahen sie davon ab. Und sie wenden sich dem zu
was ich zuvor beschrieben habe, eine Art stiller Völkermord. Es ist ein.
nun, ich habe bereits gesagt was ich davon halte. Ich glaube nicht das noch
mehr dazu gesagt werden muss. Sie können es sich selbst ausrechnen.

Ein vernünftiger Vorschlag, der irgendwie beinahe dabei ist in Erwägung
gezogen zu werden, aber schon die ganze Zeit über vernünftig gewesen ist,
wird von Exil-Afghaner, und angeblich auch von Stammesführer intern erhoben,
schlägt eine UN Initiative vor, aus der sowohl die Russen als auch die
Amerikaner vollkommen herausgehalten werden sollten. Das sind die zwei
Länder, die in den letzten 20 Jahren praktisch das gesamte Land verwüstet
haben. Sie sollten da herausgehalten werden. Sie sollten massive
Reparationen zahlen. Aber das sollte ihre einzige Rolle sein. Eine
UN-Initiative um Elemente innerhalb Afghanistans zusammenbringen würde, um
zu versuchen etwas aus den Ruinen zu erbauen- Das könnte funktionieren, mit
viel Unterstützung und ohne Einmischung. Wenn die US darauf bestehen das zu
leiten, können wir genausogut aufgeben. Darin haben wir historisch eine
ganze Liste von Errungenschaften.

Sie werden bemerken, dass der Name dieser Operation. erinnern Sie sich, dass
sie zuerst ein 'Kreuzzug' sein sollte, aber sie nahmen davon Abstand, weil
die PR-Abteilung ihnen sagte, dies würde nicht funktionieren
[Publikumsgelächter]. Und dann sollte es 'Unendliche Gerechtigkeit' heissen,
aber die PR-Berater sagten, wartet mal eine Minute, das klingt zu sehr nach
Göttlichkeit. Also würde das auch nicht klappen. Und dann wurde es zu
'Andauernde Freiheit' (Enduring Freedom] geändert. Wir wissen was das
bedeutet. Aber glücklicherweise hat noch niemand darauf hingewiesen, dass es
da eine Zweideutigkeit gibt. Enduring heisst zu leiden (im Englischen kann
'enduring' auch 'leiden, aushalten' bedeuten, Anm.d.Übs.)
[Publikumsgelächter]. Und es gibt zahllose Menschen auf der ganzen Welt, die
das erlitten haben, was wir Freiheit nennen. Glücklicherweise haben wir eine
sehr guterzogene gebildete Klasse, also hat noch niemand auf diese
Zweideutigkeit hingewiesen. Aber wenn es getan wird, wird es ein anderes
Problem sein, um das man sich kümmern muss. Aber wenn wir uns weit genug
zurückhalten können, damit eine mehr oder weniger unabhängige Organisation,
vielleicht die UN, vielleicht glaubhafte NGO´s
(Nichtregierungsorganisationen), bei dem Versuch die Führung übernehmen
kann, mit viel Unterstützung die wir ihnen schulden, etwas aus den Ruinen
wiederaufzubauen, dann könnte vielleicht am Ende etwas dabei herauskommen.
Darüberhinaus gibt es andere Probleme.



Ein einfacher Weg um den Ausmass an Terror zu reduzieren

Wir möchten den Ausmass des Terrors sicherlich reduzieren, nicht eskalieren.
Es gibt einen einfachen Weg das zu bewerkstelligen, der daher niemals
besprochen wird. Nämlich aufzuhören dabei mitzumachen. Das würde den Ausmass
des Terrors ungeheuer herabsenken. Aber das kann man nicht diskutieren. Nun,
wie sollten es möglich machen das zu diskutieren. Das also ist ein einfacher
Weg den Ausmass an Terror zu reduzieren.

Darüberhinaus sollten wir die Art der Politik überdenken - und das betrifft
nicht Afghanistan allein - in der wir terroristische Armeen organisieren und
ausbilden. Das hat Auswirkungen. Wir sehen einige dieser Effekte jetzt im
Augenblick. Der 11. September war eins davon.

Überdenkt es.

Überdenkt die Politik, die ein Reservoir an Unterstützung schaffen. Genau
das, was die Bankiers, die Anwälte und so weiter, an Orten wie Saudi Arabien
sagen. Auf den Strassen herrscht darüber viel mehr Verbitterung als Sie es
sich vorstellen können. Das ist möglich. Diese Politik ist nicht in Stein
gehauen, wissen Sie.

Und darüberhinaus gibt es Gelegenheiten. Es ist schwer in den letzten Wochen
einige Lichtstrahlen zu erkennen, aber eins davon ist, dass es eine
zunehmende Offenheit gibt. Viele Themen öffnen sich für Diskussionen, sogar
in Elitekreisen, bestimmt in der allgemeinen Öffentlichkeit, die bis vor
wenigen Wochen noch geschlossen waren. Das ist sehr dramatisch der Fall. Ich
meine, wenn eine Zeitung wie USA Today einen sehr guten Artikel, einen
seriösen Artikel, über das Leben im Gazastreifen bringen kann, gibt es eine
Veränderung. Die Dinge die in dem Wall Street Journal erwähnt habe, das ist
Veränderung. Und ich denke, in der allgemeinen Öffentlichkeit gibt es eine
grössere Offenheit und Bereitschaft über Dinge nachzudenken, die bisher
unter dem Teppich gekehrt wurden. Das sind Gelegenheiten, und sie sollten
genutzt werden, zumindest von Menschen, die das Ziel akzeptieren, zu
versuchen den Ausmass an Terror und Gewalt zu reduzieren, einschliesslich
potentieller Drohungen, die extrem schwer sind, und sogar den 11. September
zur Unbedeutenheit verblassen lassen könnten. Danke.

* * *
(übs. von Dana)