Seelsorge

Seelsorge im Islam

Von TROSCHL M. MARIAM


Seelsorge, Moral und Ethik im islamischen Sinn, gesetzl.Vorgaben.

Das österr.Gesetz kennt den Begriff eines Seelsorgers bislang aus der Definition der christlichen Kirchen .Nach Artikel § 15 des Staatsgrundgesetzes ist das Seelsorgeamt eine sogenannte "Innere Angelegenheit" einer aner­kannten religiösen Institution. Trotzdem hat die Ernennung zu diesem Amt auch gewisse öffentliche (in den Gesetzen für Menschenrechte) Rechte und Pflichten. Zum Ersten sind Seelsorger Vertreter Ihrer Glaubensgemeinschaften in der Öffentlichkeit und sind in dieser Position im Blickpunkt und ihre Meinungen und Aussagen werden mit der Meinung der Glaubensgemeinschaft gleichgesetzt, welche sie vertreten.

Wenn wir Muslime in Österreich Seelsorger von den zuständigen Gremien ernannt bekommen, so müssen wir damit sehr sorgsam umgehen, da sie den Islam und die "Islamische Glaubensgemein­schaft" in der Öffentlichkeit nach Außen hin vertreten.

Die Tätigkeit eines Seelsorgers im islamischen Sinn unterscheidet sich wesentlich von der christlicher Seel­sorger, da im Prinzip jeder im Islam lebender und aufrichtig praktizierender Moslem, gleich ob Mann oder Frau, seelsorgerischen Beistand leisten kann, immer aber die Gesetze des Islam beachtend. Wie wir aus der islamischen Geschichte wissen, waren z.B. bei den Verteidigungskriegen auch Frauen dabei, welche sich um die Verwundeten in bester Weise kümmerten und somit sowohl pflegliche als auch seelsorger­ische Aufgaben übernahmen. Als seelsorgerische Tätigkeit kann man auch die Beratungen der Sahaba aus Qur'an und Sunna, sowie besonders die Über­lieferungen von Ayscha (Friede mit ihnen allen) betrachten. An diesen besonderen Vorgaben sollten die Kriterien zur Ernennung eines(r) Seelsorgers(in) angelehnt sein.

Es ist schon klar, dass dies einen sehr hohen Anspruch darstellt, der in der Praxis kaum erreichbar ist, jedoch muss auch die Position eines Amtes beachtet werden, auf welches die Blicke der Öffentlichkeit besonders kritisch blicken.

Die Auswahl  der Muslime, welche als Seelsorger ernannt werden, muss daher besonders kritisch gehandhabt werden:

Es müssen zuerst die allgemeinen Regeln für die Pflichten gelten: Erwachsene Muslime im Besitz ihrer geistigen Kräfte, ein im islamischen Sinn vorbildlicher Lebenswandel im privaten wie im öffentlichen Bereich (Schwächen müssen bis zu einem gewissen Grad tolerierbar sein, offensichtliche Verfehlungen gegen die Vorschriften des Islam müssen ermahnt und vom Obersten Rat sanktioniert werden, notfalls mit Entzug der gewährten Ämter), Kenntnisse aus Qur'an und Sunna müssen nicht nur bei islamischen Religionslehrern sondern auch bei den Imamen der verschieden "Islamischen Vereinen", die ja in großer Verantwortung als Privatlehrer agieren, vorhanden sein. Ferner ist auch eine Beachtung der Fähigkeit im Umgang mit  anderen, besonders mit Kindern zu beachten. Selbstverständlich ist unter den "Amtsträgern" eine leben­dige, miteinander kommu­ni­zierende Umma zu pflegen. Aufrufen - von den öster­reichischen offiziellen islami­schen Organen zur Zusammen­kunft folge zu leisten - gilt natürlich auch für Imame oder Vereinsleiter, wenn es um Koordinationsgespräche mit den Islamischen Religionsgemeinden oder der Islam. Gemeinschaft geht-; die Loyalität muss integer sein und sich in Wort und Tat (Beiträge), freiwillige unentgelt­liche Seelsorgerische Sozial­arbeit in annehmbarem Zeitaus­maß, zu erkennen sein. Weiterbildung, nicht nur in Qur'an und Sunna, sondern in der Bewältigung der spezifischen Aufgaben als Lehrer oder Seelsorger sind ebenfalls zu erstreben, anzubieten und anzunehmen.

Dies sind vielleicht nur einige der geforderten Bedingungen zu einer Ernennung für eine öffentliche Tätigkeit, die natürlich mit einer inneren Tätigkeit im Islam konform zu gehen hat.

Seelsorger stehen also im Blickpunkt der kritischen österreichischen Öffentlichkeit. Daher ist jeder Aussage und Tätigkeit ein besonderes Gewicht gegeben. Bei der Aussage von privaten Meinungen genauso wie bei "amtlichen". (welche mit der obersten Instanz - der  Islamischen Glaubensgemeinschaft abgestimmt werden muss).

Ein(e) Seelsorger(in) hat auch bestimmte Rechte:

Wenn es um eine Aussage bei Gericht geht, gibt es die Möglichkeit einer Aussageverweigerung mit Berufung auf das sogenannte "Beichtgeheimnis". Im Islam ist jedoch jede Mitteilung vertraulich zu behandeln; Seelsorger haben auch das Recht, in öffentlichen Institutionen wie Krankenhäusern, Verwahrungsanstalten (auf Wunsch der Verwahrten) oder auch anderen Plätzen (auf der Straße bei Unfällen) ihrer Tätigkeit nachzugehen.

Die einzelnen islam. Gemeinden oder die Islam. Glaubensgemeinschaft hat die Pficht, ihre als Seelsorger ernannten Personen dem jeweiligen Landeshaupt­mann zu melden.

Sollte sich ein(e) Seelsorger(in) eines Verbrechens schuldig gemacht haben, so sind die öffentlichen Behörden verpflichtet, dies bei den islamischen Gemeinden oder der Islamischen Glaubensgemeinschaft umgehend zu melden, nötigenfalls sogar deren Amtsenthebung zu fordern (BMUK).

Es gibt außerdem für Kriegs- und humanitätsrechtliche  Abkommen weitere Sonderbestimmungen für Religionsdiener und Seelsorger laut Genfer Konvention  aus dem Jahre 1949, sowie ein Abkommen für Zivilpersonen in besetzten Gebieten, welche ja ein Recht auf freie Religionsausübung haben und daher auch das Recht auf religiöse Betreuung.

Für die seelsorgerische Tätigkeit sollte  eventuell eine Art Protokoll geführt werden, es müssen keine Namen der Betreuten, wohl aber eine Zuordnung angegeben werden, wenn möglich auch ein Zeitaufwand.

Da Seelsorge auch Sterbebegleitung bedeutet, ist für diesen besonderen Fall immer eine Begleitung der Familie zu suchen, wenn dies abgelehnt wird, vielleicht eine andere islamische Person des Vertrauens vorzuschlagen, damit  auch die Möglichkeit einer islamischen Bestattung in Österreich angesprochen wird ( Bei den ersten Muslimen wurden die Verstorbenen auch nicht in die Heimat zurückgebracht, sondern am Ort bestattet).

Es gibt im Islam zwar den konkreten Ort des Gottes-Dienstes, nämlich die Moschee bzw die Gebetsräume, doch kann man jede Tätigkeit im Namen des Einzigen, im Namen von ALLAH, als segenbringenden Gottesdienst betrach­ten.

Wer von den Schwestern und Brüdern sich also zu einem Amt berufen fühlt, wird von einer Kommission angehört und hat damit sowohl Rechte wie Pflichten zu erfüllen, Vorbild gemäß Qur'an und Sunna zu sein, die Familie nicht über Gebühr zu vernachlässigen, seinen Lebenswandel frei von Verunreinigung zu halten, die Glaubensgemeinschaft in Österreich als oberste religiöse Instanz anzuerkennen und die Gesetze des Staates zu befolgen!

Möge, inscha-Allah, die Niyah von ALLAH belohnt werden und die Taten unsere Hinterlassen­schaft auf dieser Welt sein, um uns ins Paradies zu begleiten.