Neue Zahlen zum Islam in Deutschland
Materialdienst 11/02
(Letzter Bericht: 4/2002, 125f) Das Zentral-Institut Islam-Archiv-Deutschland
hat in der neuesten Ausgabe der "Moslemischen
Revue" (MR 2/2002) die Resultate seiner "Frühjahrsumfrage 2002"veröffentlicht.
Danach nähert sich die Zahl der Muslime in Deutschland der Marke von
3,45 Millionen, 74 % von ihnen fühlten sich ihrem Glauben deutlich verbunden.
Dieser (gestiegene) Prozentsatz weist auf einen Identifikationsschub insbesondere
nach dem 11. September 2001 hin. Die Erhebung geht von ca. 2.792.070 Sunniten
und 654.939 Schiiten sowie anderen Gruppen aus, darunter ca. 400.000 Aleviten,
202.430 iranischen Imamiten und türkischen Schiiten, 1000 Ismaeliten,
50.000 Mitgliedern der
Ahmadiyya-Bewegungen sowie 1500 moslemischen Roma. 630.000 Muslime besitzen
inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit, zu ihnen werden auch die
ca. 12.000 Konvertiten, das heißt die Muslime deutscher Herkunft, gezählt.
Während auch ca. 74 % angeben, regelmäßig oder unregelmäßig
die Gottesdienste in der Moschee zu besuchen, hat sich gleichzeitig ein Säkularisierungstrend
unter jungen Muslimen verstärkt, der überkommene Traditionen nicht
mehr akzeptiert: Die "traditionellen Bilder finden immer seltener Nachahmer",
schreibt die MR. Auch ist die Zahl der regelmäßigen Moscheebesucher
leicht zurückgegangen.
Derzeit gibt es 77 klassische, d. h. freistehende, auch architektonisch als
solche erkennbare Moscheen in Deutschland, die meisten davon (54) dem offiziellen
türkisch-staatlichen Verband DITIB zugehörig, ferner 2.300 Versammlungs-
und Bethäuser bzw. Medresen als angemietete oder angekaufte Räumlichkeiten.
Jede Gemeinde böte zudem einen jeweils identischen Korankurs für
alle Altersstufen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) an, unabhängig von
der Ausrichtung der jeweiligen Gemeinde. Allen gemeinsam sei auch das Kopftuchtragen
der Mädchen, die den Unterricht besuchen, ob dies nun in der
vom Verfassungsschutz beobachteten Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs
oder in der laizistisch orientierten Organisation DITIB sei. 97 % befürworten
die Einrichtung eines islamischen Religionsunterrichts an Regelschulen.
80 % der befragten Muslime stuften den Dialog mit Christen als "sehr
wichtig" ein, weitere
17 % als "wichtig";
der Dialog mit dem Judentum wird von
51 % als "sehr wichtig", von
33 % als "wichtig" eingestuft.
54 % der Befragten hielten die deutsche Verfassung und den Koran für
miteinander vereinbar,
17 % konnten mit der Frage nichts anfangen;
82 % bezeugten eindeutig ihren Integrationswillen in die deutsche Gesellschaft.
Die Zahlen beruhen nach Angaben des Instituts auf Repräsentativumfragen.
Woher die bemerkenswert präzisen Zahlen über die Gesamtzahl der
Muslime, Schiiten, Sunniten etc. stammen, von denen allgemein gesagt wird,
dass sie wegen der fehlenden Mitgliederlisten der Moscheegemeinden nicht
recherchierbar seien - und auf der anderen Seite nur sehr grobe Pauschalzahlen
etwa zu den Aleviten -, ist dem Berichterstatter unbekannt.
Ulrich Dehn