Eröffnung der

ISLAMISCHEN RELIGIONSPÄDAGOGISCHEN AKADEMIE IN WIEN

REDE des Minister für Religiöse Angelegenheiten der ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN

Prof. Mahmoud Hamdi ZAZOUK:

Ich freue mich sehr, heute mit Ihnen zusammen die Eröffnung der Wiener Islamischen Religionspädagogischen Akademie feiern zu können.

Es gibt keinen Zweifel daran, daß die Gründung dieser Akademie ein entscheidender Schritt vorwärts ist im Rahmen der christlich-islamischen Dialogbemühungen, für welche Österreich sich ja schon seit langem eingesetzt hat. Denn damit wird den Muslimen im Land die Chance gegeben, den Islam zu studieren und zu lehren, was unbedingt notwendig ist, da es nicht nur außerhalb der islamischen Welt, sondern z.T. auch unter den Muslimen selber Mißverständnisse bezüglich der Lehren des ISLAM gibt.

Das großzügige Entgegenkommen der österreichischen Regierung in ihrer Unterstützung für diese Akademie kann daher überhaupt nicht genügend gewürdigt werden. Denn der christlich-islamische Dialog erhält dadurch eine echte Chance der Objektivität und der Vertiefung der Gespräche.

Die Muslime im Lande werden auf diese Weise in die Lage versetzt, die Lehren des Islam in ihrer Vielfalt gründlich zu studieren. Der Islam verlangt von seinen Anhängern, daß sie - ihren jeweiligen Möglichkeiten entsprechend - sich um ein konsequentes und aufgeschlossenes Denken bemüht. Wenn die Muslime selber richtig informiert werden, können sie auch ihren andersgläubigen Gesprächspartnern und Mitmenschen ein objektiveres Bild vom ISLAM vermitteln.

Dadurch kann verhindert werden, daß viele Vorurteile und Fehlurteile über den Islam immer wieder von neuem aufgewärmt werden. Insoferne kann diese Akademie als eine echte Brücke zwischen der westlichen und der islamischen Kultur dienen.

Es ist nicht das erste Mal, daß Österreich hervorragende Pionierarbeit auf diesem Gebiet leistet. Denken wir doch nur z.B. an den berühmten österreichischen Orientalisten Joseph von HAMMER-PURGSTALL (1774-1856), der bekanntlich vorbildlich war in seinen Bemühungen um ein originelles und vertieftes Verständnis der islamischen Kultur und damit großen Einfluß u.a. auf das Islambild von GOETHE und Friedrich RÜCKERT ausgeübt hat. Mit Recht nennt man (Pfannmüller 122) seinen Einfluß auf GOETHE in dieser Hinsicht ein "unvergängliches Verdienst". GOETHE selber hat (Fück 165/66) in den Noten und Abhandlungen zum Westöstlichen DIWAN - PURGSTALL sehr gelobt und bekannt, daß es dessen HAFIS Übersetzung war, die ihn bewog, sich durch eigene Produktion mit dem persischen Dichter "in Verhältnis zu setzen".

HAMMER PURGSTALL wählte (Fück 159) als Motto für seine Zeitschrift "FUNDGRUBEN des ORIENTS" den Qur'anvers 2/142:

"Gottes ist der Osten und Gottes ist der Westen; er leitet, wen Er will, den rechten Pfad."

Die Lehre des Islam wurde bekanntlich seit über tausend Jahren auf wissenschaftliche und der Toleranz dienenden Weise von der Al AZHAR Universität in KAIRO gelehrt. Und diese neu gegründete Wiener Islamische Akademie wird sich in ihren verschiedenen Aufgaben auf die Zusammenarbeit mit der Al AZHAR Universität stützen können.

Ihre Hauptaufgabe ist die Ausbildung von Lehrern für den Islamunterricht in den österreichischen Schulen.

Ich hoffe, daß die Akademie irgendwann auch die Möglichkeit erhält, ihren Aufgabenbereich zu erweitern, indem sie auch Prediger für die Moscheen in Österreich ausbildet.

Auf jeden Fall kann die Akademie durch ihre Arbeit ganz allgemein einer besseren Orientierung über den Islam dienen und dadurch zu besseren Beziehungen zwischen dem Westen und den islamischen Ländern und insbesondere zwischen Österreich und der islamischen Welt beitragen.

Dazu gehört natürlich auch, daß wir Muslime in diesem Land durch ihre vertieften Islamstudien, welche sie zu einem klaren und objektiven Denken befähigen sollen, die Chance erhalten, im Miteinanderleben und -sprechen auch ein besseres Bild vom Westen und seiner Kultur zu gewinnen. Diese Kultur hat nicht zuletzt durch die im Mittelalter stattfindenden islamischen Einflüsse ihre Stärke gewonnen. Im Grunde genommen gibt es daher - was leider immer wieder leicht übersehen wird - zwischen unseren beiden Kulturen in ihren Wurzeln mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. In diesem Sinne konnte auch der Weltbürger GOETHE vollster Überzeugung davon sprechen, daß wenn der Islam sich Gott ergeben heißt, wir dann alle Muslime sind.

Der Islam fordert Weltaufgeschlossenheit von seinen Anhängern, denn wir sind verantwortlich für die Welt vor Gott.

Es ist unsere Überzeugung, daß das Studium des Islam auf wissenschaftliche Weise für die Muslime sehr heilsam ist, da sie dadurch vor Fanatismus und Engstirnigkeit geschützt werden, indem sie sich um ein vernünftiges und klares Denken und Handeln bemühen. Dann werden sie auch befähigt, Andersgläubige besser zu verstehen und ihnen mit Toleranz gegenüberzutreten.

Der Islam ist eine tolerante Religion und verlangt von seinen Anhängern, daß sie die anderen Offenbarungsreligionen und alle seit Beginn der Menschheitsgeschicht gesandten Propheten anerkennen. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Glaubens eines jeden Muslims.

Wir sagen auf arabisch: "Das Wissen bzw. die Wissenschaft ist Licht", und von dem, der im Licht lebt, ist nichts zu befürchten. Die Gefahr kommt von dem, der im Dunkel, d.h. in der Unwissenheit verbleibt.

Zusammenfassend möchte ich hervorheben, daß die Wiener Islamische Akademie durch ihre Arbeit beiden Seiten, sowohl der muslimischen wie auch der österreichischen Seite dienen kann.

Meines Wissens ist dies die einzige Institution ihrer Art in Europa. Es ist nun zu hoffen, daß andere Länder dem vorbildlichen Beispiel folgen werden.

Am Schluß möchte ich noch einmal Österreich für seine Initiative bei der Gründung und insbesondere auch für die weitere Unterstützung dieser Akademie meinen Dank aussprechen.

Wir in Ägypten sind - wie bereits erwähnt - selbstverständlich bereit, die Wiener Islamische Akademie in jeder Hinsicht zu unterstützen und zu fördern, soweit das in unseren Kräften liegt.

REDE des Ministerialrat Dr. Werner JISA,

Leiter des Kultusamtes in WIEN

Exellenz, sehr geehrter Herr Minister, Magnifizenz, sehr geehrte Damen und Herren!

In Vertretung der Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten entbiete ich Ihnen den herzlichen Willkommensgruß. Es ist uns eine besondere Ehre, an diesem Eröffnungstag diese Grüße überbringen zu können. Erlauben Sie mir einige Gedanken, anlässlich dieser Eröffnung zu der Idee, einer Islamischen Religionspädagogischen Akademie und näher hin zu einer Ausbildung von islamischen Religionslehren an österreichischen Schulen hier anzudeuten und anzubringen.

Der These eines europäischen Niedergangs des religiösen Lebens steht weltweit eine religiöse Renaissance gegenüber.

Dies behauptet zumindest der französische Autor Gilles KEPLES (?) in seinem Buch "Die Rache Gottes" (La Revanche de Dieu)

Angesichts dieses religionssoziologischen ambivalenten Verhältnisses stehen die Kirchen und Religionsgesellschaften zweifellos vor einer neuen Herausforderung. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich gibt mit der Gründung der Islamischen Religionspädagogischen Akademie eine sehr praktische Antwort auf diese Herausforderung, weil, so ist die Aussage in diesem von mir zitierten Buchs, nur die Religion auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, überzeugende Antworten bietet. Diesen Sinn erkennen die Menschen nicht in sich selbst. Dieser Sinn findet in einem, über den Menschen hinausweisenden Geheimnis seine Begründung.

Gibt es eine tragfähigere theologische und pädagogische Begründung für den schulischen Religionsunterricht an den Schulen als diese These?

Runden wir den Blick ab, so ist auch die staatskirchenrechtliche Begründung für den Religionsunterricht wesentlich, wenn auch nicht allein maßgebend. Das österreichische Verfassungsrecht garantiert allen Religionsgesellschaften und damit auch der Islamischen Glaubensgemeinschaft die autonome Gestaltung ihrer innerer Angelegenheiten ohne Staatseinfluß.

Weiters räumt sie ihr im Wege des Religionsunterrichtsgesetzes ein, für ihre Anhänger in den öffentlichen Schulen Religionsunterricht anzubieten, zu besorgen, zu leiten und unmittelbar zu beaufsichtigen.

Und das Privatschulgesetz eröffnet das Recht der Führung von Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht, das ist jene rechtliche Basis, auf der die Islamische Religionspädagogische Akademie ihre Gründung hat.

Im Telegrammstil sind das jene Säulen, welche das Recht der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich tragen, die immerhin seit 1912 offiziell anerkannt ist und somit die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts einnimmt.

Ich gehe nicht fehl wenn ich behaupte, daß manche europäischen Staaten Österreich beneiden - um diese Kooperation zwischen den Religionsgesellschaften im allgemeinen und der Islamischen Glaubensgemeinschaft im besonderen und der Republik ÖSTERREICH. Staatsloyalität auf der Seite der Islamischen Glaubensgemeinschaft mit den sich daraus ergebenden Verpflichtungen und der Garantie der inneren Angelegenheiten durch den Staat. Unter diesem Aspekt ist wohl die Islamische Religionspädagogische Akademie ein europäisches Vorbild, wenn auch - lassen Sie mich das anmerken - intern wahrscheinlich noch einiges getan werden muß, etwa die Berücksichtigung und Bedachtnahme auf entsprechende bauliche Maßnahmen, damit das Öffentlichkeitsrecht seitens des Kultus- und Unterrichtsministeriums erlangt werden kann.

So ist auch diese Eröffnungsfeier ein Anlaß in gebührender Weise jenem Mann zu danken, der die lange historische Tradition der Muslime aus dem alten Österreich weiterführend, in langen Aufbaujahren - und damit die erste Islamische Religionsgemeinde mit wesentlich gründete - seiner Initiative und Beharrlichkeit, seiner Behutsamkeit, mit dem Blick auf das Mögliche, aber auch zu weilen eiferndem Engagement ist es zu verdanken, daß die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich als staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft mit Leben erfüllt wurde. Er war als Präsident und Vorsitzender des Obersten Rates für die Einrichtung des Islamischen Religionsunterrichtes an allen Schultypen in Österreich tätig und hat diesen Religionsunterricht lange Jahre als Fachinspektor sorgsam begleitet.

Ich grüße mit respektvollem Dank - Herrn Dr.Dr. Ahmad ABDELRAHIMSAI. (Applaus, Takbir)

Der Dank gilt auch dem derzeitigen geschäftsführenden Präsidenten Hr. Prof. Anas SCHAKFEH, der, unterstützt von Hr. Direktor Hassan MUSA mit der Gründung der Islamischen Religionspädagogischen Akademie für die religiöse Bildung der jungen Muslime in Österreich einen, wie ich glaube, innovativen Schritt gesetzt hat.

So soll die Heranbildung islamischer Religionslehrer und Religionslehrerinnen, eingebettet in die Grundstrukturen des österreichischen Lehrerbildungssystems die religiöse Identität der Studierenden und Schüler und Schülerinnen sichern, stärken, ihre Persönlichkeitsbildung fördern, damit sie gefestigt ihren Platz in der Gemeinschaft finden und auch einnehmen.

Ich wünsche am Ende der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und der Islamischen Religionspädagogischen Akademie, daß sie das gesteckte Ziel zum Besten der Jugend erreichen möge und kleide diesen Wunsch in ein Zitat, das zwar - erlauben Sie mir das - von einem christlichen Theologen Hans KÜNG stammt, das aber sicher konform geht mit allen monotheistischen Religionen und ihren Positionen.

"Religion vermag unzweideutig zu begründen, warum Moral, ethische Werte und Normen unbedingt, und nicht nur weil es für mich bequem ist, und so allgemein für alle Schichten, Klassen und Rassen verpflichtend sein müssen. Das Humanum wird so gerettet, indem es als Individuum angesehen wird. Es hat sich gezeigt in der langen Geschichte der Menschheit, nur das unbedingte Selbst vermag unbedingt zu verpflichten, nur das Absolute - absolut zu binden."

Ich danke Ihnen.