Rede des Oberbürgermeisters BÜMLEIN
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich grüße Sie heute nachmittag ganz herzlich im Namen der Stadt Filderstadt, des Gemeinderates, der Stadtverwaltung, aber auch persönlich.
Als aller erstes denke ich, ist es meine Aufgabe "Danke" zu sagen. Es ist nicht ganz selbstverständlich, daß so eine Veranstaltung an 2 Tagen hier durchgeführt wird, es ist nicht ganz selbstverständlich, daß man Neuland betritt, sehr viel Neues wagt, sehr viel Arbeit in Vorbereitungen gesteckt hat und mit sehr viel Begeisterung und Mut daran gegangen ist. Deshalb zunächst mal ganz herzlichen Dank der Christlich-Islamischen Gesellschaft (CIG) und ihren beiden Vorsitzenden den Herrn ASLANOGLU und dem Herrn BLUME und allen die hier mitschaffen, von der Garderobe bis hier oben. Es ist toll, daß sich soviele jungen Leute sich hier einbringen - das ist schon mal ein Wert an sich. Dankeschön.
Das zweite, das möchte ich ganz ausdrücklich sagen, wir stehen als Stadt FILDERSTADT dahinter, nicht nur, weil hier Menschen sich engagieren und etwas Neues bewegen, sondern weil die Richtung in die sie sich bewegen und der Raum den sie ausfüllen, für uns ganz wichtig sind. Ich denke es gibt nichts, auch traurigeres im Augenblick als Fremdenfeindlichkeit, Ausländerfeindlichkeit, Feindlichkeit gegenüber Minoritäten und schwächeren Menschen zu sehen - immer wieder zu hören, im Fernsehen zu sehen, in der Zeitung - und ich denke es steht auch der Stadt sehr gut an, deutlich Stellung zu beziehen und zu sagen, daß wir dies in unserer Stadt nicht wollen. Daß wir dies nicht nur nicht wollen als Politiker, sondern als Bürgerschaft, als Frauen und Männer, als Jugendliche die hier sind und sagen: "Dies gehört sich nicht!". Und dies ist ein Teil unserer kommunalen Verpflichtung jenen zu wehren, die dies tun wollen.
Ich denke aber auch, daß es falsch ist, sich hier nur negativ
abzugrenzen, es ist unzureichend nur zu sagen was man nicht will, was man
für falsch hält. Ich denke es ist genauso wichtig zu werben und
aktiv dafür einzutreten, was man für richtig hält.
"Dem Anderen sein Anderssein zu verzeihen, sei schon der Beginn von
Weisheit", ein sehr merkwürdiges Wort - wieso soll man jemandem
verzeihen, weil er anders ist?
Ich denke, es ist aber so, und wenn wir in uns hineinschauen, dann
trifft es fast alle von uns, daß es uns nicht einfach fällt,
Anderen ihr Anderssein zu verzeihen; daß es einfach ist, mit denen
übereinzustimmen, welche die gleiche Meinung haben, daß es einfach
ist, mit jenen übereinzustimmen, welche die gleiche Prägung haben,
die gleiche Geschichte, gleiche Erfahrung haben, aber daß es nicht
einfach ist, mit Anderen, die uns vielleicht zunächst erschrecken,
die wir vielleicht nicht verstehen, richtig umzugehen.
Ich denke der einzig richtige Schritt ist die Begegnung. Das heißt
hier einen Dialog, einen Trialog oder auch ein mehrsprachiges Konzert wenn
Sie so wollen in Gange zu bringen, in welchem man nicht übereinander,
sondern miteinander redet.
Ich denke dies ist der allerwichtigste Beginn, sich einzulassen, es
zuzulassen, sich mit Menschen auseinanderzusetzen, die einem zunächst
fremd sind, die man nicht versteht oder die einfach zunächst anders
geprägt worden sind, einen ganz anderen persönlichen und kulturellen
Hintergrund haben.
Martin BUBER hat einmal gesagt: "Alles wirkliche Leben ist Begegnung".Und
ich denke auch alle wirkliche Erkenntnis, zumindest im menschlichen und
sozialen Bereich, alle wirkliche Erkenntnis ist Begegnung, nämlich
ein Auseinandersetzen mit anderen Menschen. Diese Menschen ernst zu nehmen,
aber auch zu gleich sich selbst ernst zu nehmen. Es nützt überhaupt
nichts, wenn wir Auseinandersetzung, kulturelle, religiöse Auseinandersetzung
so verstehen, daß jeder aufgibt, was ihn prägt und ein gemeinsames
"Mischmasch" haben. Dies nützt niemandem. Sondern Auseinandersetzung,
Dialog, Diskussion, Begegnung wird erst dann spannend und prägend,
wenn wir dem Anderen sein Anderssein zugestehen und auch gerne zugestehen.
Wenn wir auch in dem Anderen unsere eigenen Prägungen wieder selbst
erkennen und erkennen, was uns eigentlich ausmacht. Das was wir für
richtig, für heilig, für wichtig, gesellschaftlich notwendig
halten, erkennen wir - denk ich - wie in einem Spiegel erst richtig in
einem Dialog mit Anderen. Und der Dialog, dieser Trialog muß darin
münden, daß ich Toleranz übe. Toleranz ist so ein bißchen
ein Modewort geworden. Toleranz kommt ja aus dem Lateinischen "tolerare"
- ertragen, aushalten - könnte ja bedeuten - na ja, eigentlich mag
ich den Anderen nicht, aber ich halt ihn halt in Gottes Namen aus. Ich
denke dies ist ein schwieriger und falscher Toleranzbegriff und deshalb
vielleicht auch nicht immer das richtige Wort, wenn man es nicht erklärt.
Ich denke es muß etwas ganz anderes hinzukommen. Nämlich
Achtung und Respekt. Achtung und Respekt gegenüber dem Anderen in
seiner jeweiligen Individualität und auch in seiner Gruppenindividualität,
seiner Prägung, seiner Religion, in seiner soziokulturellen Herkunft,
in dem, was ihn heute historisch ausmacht und bestimmt.
Und ich denke, dieser Respekt ist letztlich auch nichts anderes, als
das Spiegelbild des Respekts welches ich mir selbst zugestehe. Nur wer
sich selbst ernst und wichtig nimmt - und nicht sagt: "es is ja eigentlich
ganz wurscht und egal was ich mache", der wird letztendlich auch bereit
sein können, dem Anderen den gleichen Respekt, die gleiche Anerkennung
zu zollen - und auch mit Neugier zuzugehen.
Ich denke auch uns als Christen steht es gut an, so überzeugt wir
auch sein oder nicht sein mögen, wenn wir in Judentum und Islam ein
Gebäude, ein historisch, theologisch, soziales Gebäude sehen,
welches Respekt und Anerkennung verdient, in dem wir uns jahrelang vertiefen
können, in dem wir nie auslernen können, wenn wir neben unserer
eigenen Prägung mit Demut - sag ich jetzt mal - und mit Respekt andere
Prägungen erkunden und versuchen zu begreifen.
Und begreifen, meine Damen und Herren heißt ja nichts anderes
als in einen Dialog einzutreten, um zu versuchen, gemeinsame Wörter
und Begriffe zu finden für Dinge, die wir zunächst mal unterschiedlich
benannt haben. Gemeinsam begreifen, gemeinsam ein Stück mehr die Komplexität
der Welt, der Kultur, der Geschichte, der Theologie zu begreifen. Ein Stück
mehr auch mit den Augen von Anderen zu sehen ohne sein eigenes Sehen aufzugeben
- dies denke ich - ist ein wichtiger Wert und auch ein Ziel, das uns hier
auf der kommunalen Ebene, auf der Ebene der Stadt hier zusammenführen
sollte.
Denn so sehr es in der Geschichte der Stadt Zeiten der Intoleranz,
Zerstörung, Töten von Menschen, Verfolgung, Hass gibt, so sehr
gibt es auch die Tradition der Stadt als ein Gebilde in welcher Menschen
unterschiedlicher Religion, Glaubens und Herkunft, unterschiedlicher Hautfarbe
und Rasse, unterschiedlicher Zielvorstellungen gemeinsam an dem Gemeinwesen
arbeiten. Und gemeinsam heißt ja nun nicht, daß da die
einzelnen Menschen, die einzelnen Gruppen sind und dazwischen das Vakuum,
die Leere, sondern daß sich zwischen diesen Menschen Verbindungen
ergeben, daß es Zuwächse gibt am Gestalten und Wissen, dadurch,
daß man gemeinsam Dinge angeht, daß man gemeinsam versucht,
diese Welt ein wenig zu verbessern in seinem lokalen Raum, daß man
gemeinsam dafür steht, was man für richtig und was man für
falsch hält und daß man auch gegenseitig mit Respekt und hin
und wieder vielleicht auch mal in Liebe zueinander steht.
Ich würde mich freuen, wenn das diesjährige ABRAHAMSFEST ein
großes Stück zu diesem Ziel beiträgt. Das ist jetzt die
erste große Veranstaltung hier in FILDERSTADT aber ich freue mich
darauf und bin sicher, daß dieser Veranstaltung in den nächsten
Jahren weitere folgen werden und daß man gemeinsam versucht Wege
zu finden, die vielleicht den Zuspruch aus der Bürgerschaft noch größer
machen.
Aber ich denke, was man auch nicht vergessen sollte, auch für
die Menschen die hier zusammenarbeiten ist es ein riesiger Spaß,
ein großer Erfolg etwas gemeinsam zu gestalten, zu bewegen, ich denke
auch diesen Erfolg sollte man groß herausstellen, er ist etwas ganz
wichtiges, denn wir leben ja aus der Motivation heraus, aus dem Gefühl,
daß es schön ist, wenn man etwas erreicht hat - aus dem Gefühl,
daß es sich lohnt weiterzumachen. Dies wünsche ich mit weiterhin
für FILDERSTADT - ich wünsche heut noch eine gute und kritische
Auseinandersetzung mit anderen Standpunkten und mit dem eigenen Standpunkt.
Ich wünsche, daß man Menschen persönlich besser kennenlernt
und nebenbei auch noch sich selber und ich wünsche daß diese
Veranstaltung ausstrahlt in die Stadt FILDERSTADT und über die Region
STUTTGART hinaus
Ich denke mal, wenn man das ABRAHAMSFEST jetzt nicht geschaffen hätte,
hätte man es hinterher erfinden müssen - diese Arbeit haben wir
uns hiermit erspart - alles Gute - vielen Dank!