Heute neu auf unserer Homepage eine Zusammenstellung arabischer und muslimischer Reaktionen auf die Geiselnahme in Nordossetien. Während die meisten Kommentatoren die Terroranschläge scharf kritisieren und darauf verweisen, dass die Terroristen nicht den Islam repräsentieren, üben andere Kritik an der Vorgehensweise der russischen Regierung. Es gibt allerdings auch einige wenige Stimmen, die ‚jüdische Elemente’ hinter den Anschlägen vermuten. (MEMRI Special Dispatch – 7. September 2004 ‘Arab and Muslim Reactions to the Terrorist Attack in Beslan, Russia’)

 

MEMRI Special Dispatch – 8. September 2004

Harsche Kritik eines iranischen Theoretikers der Revolutionären Garden am ‚Dialog der Kulturen’

 

Dr. Hassan Abbasy wird als ‚Theoretiker des Geheimdienstes der revolutionären Garden’ bezeichnet. Darüber hinaus leitet er das „Zentrum für nationale Sicherheit ohne Grenzen“. [1] Besonders berühmt sind seine Reden aus den 80er Jahren. Heute kann man seine alten und neuen Reden aus dem Fernsehen oder von anderen Veranstaltungen überall im Iran auf CD kaufen. Da er seit Anfang August nicht mehr im staatlichen Fernsehen auftreten darf, hält er inzwischen im Gebäude der ehemaligen US-Botschaft, die man im Iran „Netz der Spione“ nennt, öffentliche Vorträge.

Im Folgenden dokumentieren wir einen Vortrag, den er an der Technischen Universität von Teheran hielt und der dazu führte, dass er nicht mehr im staatlichen Fernsehen auftreten darf. Die von uns übersetzten Auszüge aus dieser Rede stammen von der Website von Dr. Hassan Abbasy. [2]

Auf dieser weiterhin zugelassenen Website gibt es allerdings drei verschiedene Fassungen seines insgesamt fünfzigminütigen Vortrages, wobei die gravierenden Unterschiede oder Zusätze in den Anmerkungen dokumentiert werden:

 

Farsnews - […] Abbasy: ‚Ihr könnt euch nicht gegen die Zivilgesellschaft und die Demokratie des Westens wehren - begrüßt sie daher mit Genuss. Ihr Reformer handelt gemäß des angelsächsischen Sprichwortes: Wenn man Dich vergewaltigt und Du kannst Dich nicht wehren, dann leiste keinen Widerstand und genieße es. […] Als in Bosnien und in Herzegowina ein Völkermord stattfand, zerstörten israelische Bulldozer im Gazastreifen palästinensische Häuser. Qatar, Kuwait, Bahrain, Burkina Faso, Japan und Italien verurteilen diese Vorgehensweise und die Islamische Republik begnügte sich ebenfalls nur mit einer Verurteilung. Wofür ist eigentlich die Islamische Republik gut?

Der Vorsitzende des Forschungszentrums für die nationale Sicherheit ohne Grenzen fügte hinzu: ‚Schämt euch, dass ihr von Modernität sprecht und die Gesellschaft dazu auffordert, in ein modernes Zeitalter zu gehen. Worin unterscheidet ihr euch [dabei] von Muammar Ghaddafi? Was unterscheidet eigentlich die Führer des Iran von der politischen Führung anderer Staaten? [3]

 

[…] Der ‚Dialog der Kulturen’ hat dazu geführt, dass die Amerikaner und die Israelis ihre Kriege begonnen haben. Die politischen Führer eines islamischen Staates werden dann vom Westen kritisiert, wenn sie einen Schritt jenseits der roten Linie, d.h. jenseits [ihrer] Vorstellungen von Menschenrechten, Zivilgesellschaft, Liberalismus und Demokratie unternehmen. Sie nutzen die Achillesferse der islamischen Welt indem sie androhen dass, wenn [ihre] Menschenrechts-, Zivilgesellschafts- Liberalismus-, und Demokratievorstellungen nicht berücksichtigt werden,  werde man die Angelegenheit vor der UNO diskutieren. Ein Beispiel für ein solches Vorgehen ist die Diskussion um Atomwaffen. Man droht uns damit, die Atomakte vor die UNO zu bringen. [...].’ [4]

 

Abbasy spricht von einer Front der Ungläubigen, der Feinde Gottes und der Feinde der Moslems. Alles, was an diesen Fronten für den Terror und die Erzeugung von Schrecken passiere, sei heilig und ehrenhaft. Abbasy: ‚Die libanesische Hisbollah, die Jihad Eslami und die Hamas werden von solchen [heiligen und ehrenhaften] Händen geführt. Dies ist keine Verrohung. Dies ist der ‚Dialog der Kulturen’, der sie zwingt sich zu ergeben.’ Der Jihad sei ein religiöser Gewinn, so Abbasy weiter: ‚Unsere eigentliche Waffe ist der Jihad. Wer den Jihad als Rohheit und Terrorismus charakterisiert, will unsere Waffe entschärfen. Wir aber sind stolz auf den Jihad. Denn mit dem Jihad werden die Säulen der Gottlosigkeit zum Erzittern gebracht.’

Abbasy verwies darauf, dass Armeen aus 38 Staaten der Welt im Irak stationiert seien und dass es 30.000 tote Iraker gebe und bemängelte, dass in den drei Weltkriegen [sic! d.R.] Millionen von Menschen verletzt wurden. Weiter sagte er: ‚Die Modernität, das Judentum und das Christentum benutzen den Islam von drei Seiten als Zielscheibe. Modernität ist die verrohteste Form des Denkens, das die Welt je erlebt hat.’ Im Zusammenhang mit der iranischen Finanzhilfe von 175 Millionen Dollar an Afghanistan sagte Abbasy: ‚Was macht eigentlich unser nationaler Sicherheitsrat. Sie stärken mit der finanziellen Hilfe für Afghanistan und den Irak die amerikanischen Stützpunkte in beiden Ländern. Wer so etwas tut, begeht Verrat an dem iranischen Volk und am Islam.’

Amerika habe in Afghanistan und im Irak den Satz: ‚Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen’ verboten. Statt Arabisch werde Englisch geschrieben und die Suren über den Jihad und das Martyrium seien aus den Schulbüchern verbannt worden. Abbasy weiter: ‚Die Vermischung der Rasse eines Volkes gehört zu den amerikanischen Strategien. Den amerikanischen Kräften wurde befohlen, dass es nach der Invasion in ein Land ihre Pflicht sei, die Rasse des jeweiligen Landes zu verändern.’

So seien laut Abbasy folgende Schritte dagegen zu unternehmen: ‚Zunächst müssen wir vier Schritte in Angriff nehmen: Die Feinde kennen lernen, ihre Ziele studieren und daraufhin zwar nicht sie selbst aber ihre Strategien angreifen. Genauso wie der Westen unsere [Vorstellungen von] Jihad und Martyrium angegriffen und somit uneffektiv gemacht hat.’

Abbasy äußerte seine Skepsis bezüglich des Zentrums für den Dialog der Kulturen [5]. Ein Zentrum mit demselben Ziel sei drei Jahre vor der islamischen Revolution von 1979 von Roger Garaudy in Frankreich gegründet worden.

Abbasy betonte im Zusammenhang mit der Diskussion um den Transfer des iranischen und arabischen Kapital (53 Milliarden Dollar) aus den USA, dass diese Kapitalflucht aufgrund eines iranischen Vorschlags zustande gekommen sei. Abbasy: ‚Ein Neuntel der 470 Milliarden Dollar, die im Staatsbudget Amerikas fehlen ist auf unsere Beratung . Und hiermit erklären wir, dass wir die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Wurzeln Amerikas austrocknen werden.’

Bezüglich der 29 [militärischen] Schwachstellen der USA und des [übrigen] Westens, die als potentielle Angriffsziele dienen, sagte er: ‚In unseren Plänen haben wir mehr als sechstausend atomare Sprengköpfe Amerikas im Visier, die man sprengen könnte. Außerdem werden wir die Schwachstellen unseren Guerillaorganisationen bekannt geben und mit ihnen gemeinsam die notwendigen Schritte unternehmen. Wir haben auch für England eine eigene Abteilung geschaffen. Der Sturz der englischen Regierung gehört zu unserer Agenda.’ […]“

 

 „ISNA - Abbasy: ‚ Im ‚Krieg der Zivilisationen’ haben die Reformer durch ihre Parolen den Weg für den 11.9. geebnet. Sie haben im ‚Dialog der Kulturen’ von der Welt gefordert die Waffen niederzulegen, damit Amerika und England aktiv werden können. […] Der Koran schreibt vor, dass die Antwort auf die Eroberer der Jihad ist. In den letzten Jahren ist jedoch der Geist des Jihad und der Wille zum Martyrium geschwächt worden. Die Identität eines jeden Volkes ist seine Sprache, sein Land, seine Rasse und seine Religion. Die Amerikaner haben es in Afghanistan und im Irak geschafft, durch die Einführung der lateinischen Sprache die Identität dieser Völker zu verletzen.’ Weiterhin erinnerte Abbasy daran, dass die USA im letzten Jahr durch den Stromausfall einen Schaden von 35 Milliarden Dollar erlitten haben. Abbasy weiter: ‚Wir haben in unserem Forschungszentrum für nationale Sicherheit ohne Grenzen alle Schwachpunkte der westlichen Zivilisation identifiziert. In naher Zukunft werden diese Statistiken und Informationen auf unserer Hauptseite im Internet veröffentlicht werden.’“

 

[1] Dabei handelt es sich um ein Forschungszentrum der Revolutionären Garden, welches über politische und militärische Ziele im In- und Ausland (‚ohne Grenzen’) Nachforschungen anstellt.

[2]  http://www.drabbasy.persianblog.com/ , 8. September 2004

 

[3] An dieser Stelle gibt es eine ergänzende Version der Website Srfarzaneh, laut der Abbasy hinzufügt:  ‚Unsere Führer und Beamten sind wie die Männer, deren Frauen man vor ihren Augen vergewaltigt. […] Wann darf unsere islamische Jugend ihre unterdrückte Wut zum Ausdruck bringen? Die islamische Welt braucht Guerillas und nicht Führer, die von einem Dialog schwafeln. Unser Präsident spricht von der Zivilgesellschaft. Dabei wird genau die Zivilgesellschaft vom Westen als Vorwand benutzt, um in den Mittleren Osten einzudringen, Herr Präsident!

Sie haben sechs Jahre lang vom ‚Dialog der Kulturen’ gesprochen und haben dadurch erreicht, dass die Grenzen unseres Landes immer enger wurden. Warum haben Sie denn mit Ihrem Plan nicht den ‚Krieg der Zivilisationen’ verhindern können?! Was hat denn Ihr ‚Dialog der Kulturen’ außer der Besetzung des Iraks und von Afghanistan gebracht, Herr Präsident? Heute hat die amerikanische Jugend T-Shirts, auf denen Bilder von Patronen und Bomben neben dem Iran abgebildet sind.

Herr Khatami! Warum haben Ihre Parolen bezüglich einer Zivilgesellschaft so viel Ähnlichkeit mit denen von George Bush? [...]’

 

[4] Die Website Srfarzaneh dokumentiert eine ergänzende Passage Abbasys: ‚Wenn sich jemand einen Bombengürtel umbindet, um seine Ehre zu verteidigen, nennen sie ihn einen Terroristen. Ich bin stolz darauf, dass ich gegen die Zivilgesellschaft kämpfe. Sollen sie doch schreiben, dass Abbasy der Theoretiker des Terrors und der Verrohung ist. Sie sagen, der Jude ist demütig. Dieser ‚demütige Jude’ zerstört jede Nacht die Häuser der palästinensischen Bevölkerung. Sie bezeichnen unseren Widerstand als Verrohung und Terrorismus, wir jedoch müssen unsere Strategie verteidigen. Ich bin stolz darauf, etwas zu unternehmen, was den Amerikanern Angst einjagt. Ein solcher Terroranschlag ist heilig. Haben sich denn die Moderne, das Judentum und das Christentum nicht mit Gewalt durchgesetzt? Es ist eine Ehre ihnen diese Gewalt zurückzuzahlen. Wenn wir während des Krieges gegen den Irak auf die Worte von Banisadr gehört hätten, der Gewaltlosigkeit predigte, würde Khoramshahr [Stadt im Süden des Iran] inzwischen dem Irak und Amerika gehören. Wir müssen Widerstand leisten. Entweder wird auch Sicherheit uns gewährleistet oder niemand soll sich sicher fühlen. Wir sind der Überzeugung, dass der Islam nicht auf die Grenzen der Islamischen Republik beschränkt ist. Wenn unsere Ehre und Würde infrage gestellt wird, werden wir inner- und außerhalb unserer Grenzen aktiv werden.’

 

[5] Dieses Zentrum wurde von Khatami gegründet.

 

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