29.10.1996 Kurier
Titel: Die FPÖ-Angst vor Allah Text:

Es ehrt den VP-Landesvize Gerhard Jellasitz, wenn er die Verleihung von Staatsbürgerschaften als "Akt der Menschlichkeit" ansieht. In seinen Reihen hält der eine, nämlich Andreas Khol, Klubobmann und südtirolstämmig, eine Art Schulung der Neo-Österreicher für recht wirksam. Wer das Kammersystem nicht begreift, ist anscheinend nicht reif für diesen netten Staat. Sicherheitssprecher Paul Kiss, von Ungarn abstammend, wittert ohnehin ein bißchen zu viele Ausländer im Land. Die für ihn ein Sicherheitsrisiko darstellen. Da wünscht er sich schon etwas mehr Strenge beim Hereinlassen - ohne Schikane. Die Geschmacklosigkeit zum Tage schaffte aber - wieder einmal - FP-Sprecher Norbert Hofer. Er meint, wenn in Parndorf erst einmal eine Moschee entsteht, dann werde es noch mehr mohammedanischen Zuzug geben, viele würden einfach eingebürgert - und stellten den Vizebürgermeister. So kühn hat das nicht einmal der Wiener FP-Germane Rainer Pawkowicz in Worte gefaßt. Obwohl Wien eine Moschee hat, fürchtet der noch nicht, daß Allahs Größe den Stadtsenat umkrempelt. Pawkowicz weiß im Gegensatz zu Hofer: Nicht der Islam stört den blauen Tatendrang, zumeist katholische Politiker sind's. schnei

07.04.1997  Kurier
Titel: Stadler: "Kirche hat sich mißbrauchen lassen"

Text: FP-Klubchef will Diskussion über die Moscheen Das neue Bekenntnis der FPÖ zu einem "wehrhaften Christentum" hinderte den geschäftsführenden Klubobmann der Freiheitlichen, Ewald Stadler, am Sonntag nicht daran, Kritik an kirchlichen Würdenträgern zu üben: Im Zusammenhang mit der Ausländerpolitik sowie dem seinerzeitigen Lichtermeer gegen das Ausländervolksbegehren der FPÖ warf Stadler in der ORF-"Pressestunde" der Kirche vor, sie habe sich "mißbrauchen lassen". Er vermisse heute die Lichterketten und die Proteste, wenn Innenminister Schlögl genau die Politik mache, die von den Freiheitlichen gefordert wurde, sagte Stadler. Es gebe auch keine Proteste, wenn etwa Italien in der Adria ein albanisches Flüchtlingsschiff versenke. Derzeit beginne die Politik bereits, die Richtigkeit der FPÖ-Vorschläge in der Ausländerfrage zu erkennen. Sogar der Papst habe betont, daß man in dieser Frage zwischen Theorie und dem, was praktisch möglich ist, unterscheiden müsse. Zudem verlangte der FP-Klubobmann eine Diskussion über den Vormarsch des Islam: "Es stellt sich die Frage, ob wir tolerieren müssen, daß bei uns eine Moschee nach der anderen entsteht." Angesprochen auf die inzwischen zurückgenommene Weisung des Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreters Grasser (FP), öffentliche Aufträge nur an Firmen zu vergeben, die keine Ausländer beschäftigen, räumte Stadler ein: Man hätte zwischen legalen und illegalen Beschäftigten unterscheiden müssen.

08.04.1997 Kurier
Titel: Keine Förderung für den Islam Text: Die FPÖ fordert, daß die Errichtung islamischer Gebetshäuser nicht subventioniert wird. Laut zuständigem Unterrichtsressort gibt es aber ohnehin keine öffentlichen Förderungen. Seite 2 ÖSTERREICH

Titel: Die blauen Kreuzritter auf der Suche nach Feindbildern Text: Ministerium weist FP-Vorwürfe zurück: Keine öffentlichen Förderungen für Moscheen Die (laut Programm-Entwurf) "wehrhaften Christen" von der FPÖ suchen nun konkrete Anwendungsgebiete für ihre neue Weltanschauung. In der Pressestunde hatte der geschäftsführende Klubchef Ewald Stadler angekündigt, die Diskussion über den islamischen Fundamentalismus suchen zu wollen. Dieser hätte in Deutschland "staatsgefährdende Ausmaße" erreicht. Stadler kritisierte, daß in Österreich die Errichtung von Moscheen mit Steuergeld finanziert würden. Im KURIER-Gespräch konkretisierte der FP-Politiker: "Es besteht die Gefahr, daß über die Moscheen und Gebetshäuser der islamische Fundamentalismus auch bei uns verbreitet wird. Das kann nicht in unserem Sinn sein." In seiner Vorarlberger Heimatgemeinde Mäder sei etwa ein Haus kostenlos als islamisches Gebetshaus zur Verfügung gestellt worden. Im für Kultusfragen zuständigen Unterrichtsressort weiß man nichts über staatliche Subventionen für den Islam oder die Errichtung von Gebetsstätten. Auch die islamischen Schulen seien Botschaftsschulen, die nicht vom Steuerzahler erhalten werden, erklärte eine Sprecherin von Ministerin Gehrer. Im Wiener Rathaus mußte man die Akten bis 1979 durchforsten, um auf eine 300.000-S-Subvention für das islamische Zentrum zu stoßen - die Moschee am Wiener Hubertusdamm wurde zum Großteil von einer Privatstiftung mit Geld islamischer Staaten finanziert. Wiens Finanzstadträtin Ederer steht zur damaligen Spende: "Auch andere Religionen werden zuweilen gefördert. Der Versuch der selbsternannten Kreuzritter von der FPÖ, Neid und Mißgunst zu säen, ist zu verurteilen." Der Vorstoß Stadlers wird in der islamischen Gemeinde mit Sorge verfolgt. "Ich hatte bei seinen Aussagen ein eigenartiges Gefühl", sagt der österreichische Islam-Experte Smail Balic: "Ob diese Partei nicht Christen für etwas engagieren will, wo letztlich schlimmer Nationalismus herauskommen kann?" Laut Volkszählung 1991 leben übrigens derzeit rund 160.000 Muslime in Österreich, knapp die Hälfte davon in Wien. Norbert Stanzel

13.04.1997 Kurier
Titel: FPÖ und Kirche: "Statt der Beichte lieber ein Selbstgespräch"

Text: Daniela Kittner Wie sieht die programmatische Hinwendung der FPÖ zur Kirche in der Praxis aus? Der KURIER fragte prominente Abgeordnete, wie sie es mit der Religion im Alltag halten. Matthias Reichhold, ehemals Generalsekretär, geht "in letzter Zeit nie mehr zur Kirche". Er sei katholisch erzogen, beschäftige sich aber neuerdings stark mit dem Buddhismus: "Es gibt da viele Elemente, die mir sehr gut gefallen." - Wehrsprecher Herbert Scheibner, einer der Co-Autoren des neuen Programms, geht "unregelmäßig, aber doch" zur Kirche, zur Beichte nie. Er ist kirchlich getraut und "sehr gläubig". Ex-Justizminister Harald Ofner charakterisiert sich als "bekennenden, aber nicht praktizierenden Christen". Den Brückenschlag von der FPÖ zur Kirche hält Ofner für gut, den Abschied von der deutschen Volksund Kulturgemeinschaft für unnötig. "Das wird uns niemand danken, aber manche kränken." Wie die Ärztin Brigitte Povysil hat Ex-Generalsekretär Walter Meischberger sein Kreuz mit der Amtskriche. "Der Herrgott ist mein bester Freund, aber mit dem Bodenpersonal habe ich große Probleme", gesteht Meischberger. Auch die St. Pöltener Fraktion treffe nicht ganz seinen Geschmack, obwohl er zugeben müsse, daß "Bischof Kurt Krenn objektiv im Recht ist". Als Tiroler Schütze nimmt Meischberger traditionell an kirchlichen Prozessionen wie Fronleichnam teil; privat besucht er Gottesdienste "so recht und schlecht" zu Weihnachten oder bei Hochzeiten. Die geschäftsführende Obfrau der FPÖ, Susanne Riess-Passer, bemerkt spitz, daß sie "als ehemalige Klosterschülerin gegenüber den anderen beim Beten einen gewissen Vorsprung" hat. Trotz ihrer klösterlichen Erfahrungen besucht sie hin und wieder Messen, zuletzt am Palmsonntag. Die Tirolerin Edith Haller geht zwar in die Kirche, "aber nicht, wenn Messen sind". Der Beichte zieht sie "ein Selbstgespräch" im Gotteshaus vor. Sie wünscht sich eine konziliantere Haltung der Kirche gegenüber Empfängnisverhütung und Geschiedenen. Die Propagierung eines "wehrhaften Christentums" findet sie gut, da "der Islam nicht überhandnehmen soll. Wien darf nicht Istanbul werden". Klubchef Ewald Stadler, dessen Idee die christliche Ausrichtung der FPÖ war, geht regelmäßig zur Messe und zur Beichte. Er ist "besonders stolz", daß die FPÖ einmal pro Jahr eine Agape in der Karlskirche organisiert. Die letzten Male hat die dazugehörige Messe Kurienkardinal Alfons Stickler gelesen. Anlaß der alljährlichen Veranstaltung ist der "österreichische Feiertag Maria Namen" (Stadler) - ein Gedenktag an die Befreiung Wiens von den Türken im Jahr 1683.

18.04.1997
Titel: Stadlers "wehrhaftes Christentum" - ein spirituelles Selbstmordkommando

Text: Die FPÖ gibt sich ein neues Parteiprogramm, und Ewald Stadler requiriert aus den Regalen der Geschichte flugs ein wehrhaftes Christentum für sich. Bravo! Welche unerschrockene Flexibilität! Ob das in der Partei gutgehen kann? Auf jeden Fall ist es dem Christentum niemals mit seiner wehrhaften Version gut ergangen. Zur Erinnerung: Wie gut ist es dem Christentum zu Kreuzfahrer-Zeiten gegangen? Wie gut den Menschen im Heiligen Land? Zogen nicht fromme Christen gegen die Glaubensfeinde im Osten und verwandelten sich unterwegs in mörderische Räuberbanden? Reinigten nicht die allerkatholischsten Majestäten Ferdinand und Isabella das mittelalterliche Spanien von Juden und Islamis und erfanden die Inquisitionen dazu? (Ein Schaden, der 400 Jahre europäische Hexenverfolgung auslöste.) Genügt das nicht, um die Diagnose über christliche Wehrhaftigkeit zu stellen? Operieren nicht in unseren Tagen Geheimlogen und Geheimbünde - voran Opus Dei - mit einer neuen christlich-katholischen Wehrhaftigkeit gegenüber Linken und Glaubensfeinden? (Diesmal mittels verschachtelter Bankimperien und politisch-medialer Seilschaften?) Natürlich ist die Sehnsucht nach christlicher Wehrhaftigkeit verständlich. Wer zöge sich aus dieser unsicheren Welt nicht gern in eine Wehrkirche zurück? Besonders wenn sie einen vergessen lassen könnte, wie es vor den Bastionen aussieht? Aber: Kann das Christentum überhaupt in diesem Sinne wehrhaft sein? Verführt dazu nicht derselbe tragische Wahnsinn, der das Leben mittels staatlicher Todesstrafe zu schützen trachtet? Auch wenn der Islam in Wien, Paris und Rom Moscheen baut, aber in Ankara, Teheran oder gar Mekka niemals ein Gleiches für christliche Dome zuließe, bleibt zu bedenken: Die Europäische Wehrgemeinschaft ist eine direkte Folge des Christentums. (Das sogenannte wehrhafte Christentum hat nicht dazu beigetragen, außer den Verrat an seiner eigenen Substanz.) Denn die Ebene, aus der die Inspirationen zu den Friedensbewegungen, dem sozialen Bemühen und der Menschenrechtsformulierung stammten, entzieht sich vordergründiger Wehrhaftigkeit. Sie haben Menschen wie Franz von Assisi, Mutter Teresa oder Martin Luther King erreicht. Diese Ebene kann das Leben kosten, um es für viele zu ermöglichen. (Christentum kommt von Jesus Christus. Das läßt sich nicht ändern.) Stadler muß der FPÖ ein neues Programm geben. Er benötigt Wählerstimmen und wird sie möglicherweise mit einer Einladung zur Erbauung von Wehrkirchen bekommen. Ein kurzfristiger Erfolg für eine kurzsichtige Perspektive. Die Langzeitperspektive lautet: Wer das Schwert zieht, kommt durch das Schwert um (sie stammt vom Gründer des Christentums). Alle großen Religionen, die zu direkter politischer Münze mißbraucht wurden, haben dabei verloren. Der blanke und wahnhaft verrückte Fundamentalismus ist sehr oft schon ihr Endsymptom, das lebensfeindliche Morden im vermeintlichen Namen eines lebensschöpferischen Gottes ihre gemeinsame Verrücktheit. Deshalb gefährdet derlei Wehrhaftigkeit den Frieden. Die FPÖ bedient sich aus dem falschen Regal. Sie etikettiert falsch. Die Schleifung der Bastionen ist das christliche Wort zu derlei Wehrkirchen. Und die endgültige liebevolle Entmächtigung aller Mordbedürfnisse (unter welchen wehrhaften Titeln sie auch auftreten mögen) eine zentrale christliche Hoffnung. Das unbeirrbar im Auge zu behalten ist die einzige Wehrhaftigkeit, die mit Christentum etwas zu tun hat. Richard Picker, Psychotherapeut und Theologe in Wien

01.05.1998 Kurier
Titel:  Von Sprachüberfremdung, Wahrung des Christentums und der deutschen Volksgruppe
 
Text:  Manfred Kadi 17 Kapitel auf 57 Seiten Papier - so viel geballte Ideologie provoziert selbst in einer straff geführten Partei wie der freiheitlichen Widerspruch: Der FP-Programmentwurf aus der Feder des geschäftsführenden Klubchefs Ewald Stadler hat bis gestern 66 Abänderungsanträge hervorgerufen und so manchen unscheinbaren FP-Funktionär veranlaßt, Fraktur zu reden. Der Steuerberater Lutz Weinzinger, im Nebenjob Abgeordneter zum oö. Landtag, hat seinen Abänderungsantrag für den heutigen Programmparteitag in Linz zur Bekräftigung mit Frakturschrift gezeichnet. Sein Begehren auf Ergänzung zum Kapitel XV ("Weite Kultur - Freie Kunst"), Artikel 2, hat gute Chancen, abgesegnet zu werden: "Die Sprache ist vor Überfremdung zu schützen", heißt es in dem Antragstext des Innviertlers. Die Programmkommission hat daraus folgende Empfehlung gebastelt: "Der Schutz und die Pflege der Sprache ist eine öffentliche Aufgabe; eine entsprechende Gesetzgebung ist anzustreben." Programmautor Stadler hat keine Probleme mit der beabsichtigten Ergänzung. Sein Argument: Auch die Franzosen wollten ihr kulturelles Erbe mit ähnlichen Vorgaben erhalten. Er habe daher Verständnis dafür, wenn sich die Schriftsteller dagegen wehren, daß via Rechtschreibreform "die Sprache verhunzt wird". Die wahren Konfliktfelder konnten trotz 14 ganztägiger Klausursitzungen nicht bereinigt werden. So ist - im Gegensatz zum alten Entwurf - im Kapitel V ("Christentum - Fundament Europas") zwar keine Rede mehr vom "wehrhaften Christentum". Die Wiener FPÖ will aber die Aussage " . . . sehen sich die Freiheitlichen auch als ideelle Partner der christlichen Kirchen" um folgenden Nebensatz ergänzen: " . . . auch wenn es zu verschiedenen politischen Fragen unterschiedliche Standpunkte gibt." Außerdem möchte die Truppe von FP-Landeschef Pawkowicz in den Erläuterungen den "zunehmendenFundamentalismus eines radikalen Islam" ausdrücklich verankert wissen. Auch dem im Letztentwurf formulierten Lehrsatz, wonach in Österreich "Antiklerikalismus und übertriebener Laizismus überholt sind", kann die Wiener FP nur zum Teil zustimmen. Die Textstelle über die "übertriebene" Trennung von Kirche und Staat solle gestrichen werden. Schließlich ist den Wienern noch das Kapitel IV ("Recht auf Heimat") ein Dorn im Auge: Demnach soll im Artikel 1 nachzulesen sein, daß die "überwiegende Mehrheit der Österreicher der deutschen Volksgruppe angehört" - was bisher nur in den Erläuterungen als "denklogisch" vorausgesetzt wird. Stadler verhehlt nicht sein Unbehagen über den Vorstoß der Wiener Parteifreunde: Für ihn stehe das "Österreich-Bekenntnis" im Vordergrund. Er wolle keinen Widerspruch zum Volksgruppenbekenntnis. Das künftige freiheitliche Credo soll lauten: "In unserem Lager ist Österreich."
 

01.05.1998 Kurier
Titel:  Bekehrung oder Sündenfall? Kirche beginnt Dialog mit FPÖ
 
Text:  Beim Studientag "Kirche und FPÖ" wurde das Trennende mehr betont als das Gemeinsame Norbert Stanzel War es eine Veranstaltung historischer Dimension mit tagespolitischen Anklängen - oder doch nur ein tagespolitisches Ereignis mit historischen Bezügen? Am Donnerstag kam es in Salzburg im Rahmen des "Dialogs für Österreich" der katholischen Kirche zum ersten öffentlichen Zusammentreffen mit der FPÖ. In den nächsten Wochen finden ähnliche Veranstaltungen mit den anderen vier Parlamentsparteien statt. Eine offizielle Begegnung zwischen FPÖ und Amtskirche wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen - fußt doch das historische Selbstverständnis des "Dritten Lagers" zum Teil auf radikalem Antiklerikalismus. Wenn auch in der Debatte das gegenseitige Mißtrauen unüberhörbar war - die historischen Erbfeinde saßen friedlich nebeneinander: Jörg Haider und Wiens Generalvikar Helmut Schüller (den der FP-Chef einst einer "Volksfront" gemeinsam mit "Begünstigern des linken Terrors" zugeordnet hatte); Kärntens Bischof Kapellari und Klubchef Stadler; Salzburgs Weihbischof Laun und Vizeobfrau Riess-Passer; Militärbischof Werner und FP-Wehrsprecher Scheibner. Der christlichen Botschaft lauschte auch die zerstrittene Salzburger FP-Spitze: Obmann Karl Schnell und Landesrat Robert Thaller. Trotz (oder vielleicht gerade wegen) der "christlichen" Passagen im neuen FP-Programm wurden die Differenzen in den Referaten von Schüller und Haider deutlich. Der frühere Caritas-Präsident erkannte zwar an, daß "weite Teile des Programms" mit christlichem Gedankengut vereinbar wären - aus dem "Kleingedruckten" seien aber ganz andere Tendenzen zu erkennen. Die Freiheitlichen würden für politische und gesellschaftliche Probleme "zu einfache Erklärungsmuster heranziehen", die letztlich in "Schuldzuweisungen an ,die Ausländer` oder an ,Brüssel` oder an den Islam" gipfelten. Dies würde zwar Stimmen bei Wahlen bringen, aber eine Problemlösung erschweren. Speziell in der Zuwanderer-Problematik kritisierte Schüller den FP-Kurs scharf. Haider blieb dem Generalvikar nichts schuldig. Offen bekannte der FP-Chef, worum es ihm geht: "Wir wollen die christliche Glaubensgemeinschaft in die Pflicht nehmen, die Traditionen des Abendlandes zu verteidigen." Es habe "historische Gräben" zwischen Kirche und "Drittem Lager" gegeben; nun gehe es darum, "Brücken zu bauen". Von seiner emfindsamen Seite zeigte sich Haider in seiner Replik auf die Kritik am FP-Programm: Es gebe eine "Abwehrfront" in der Kirche. Als vor 30 Jahren die SP den Ausgleich mit den Katholiken gesucht hatte, hätten alle applaudiert. Die Freiheitlichen hingegen würden mit Mißtrauen beäugt. Haider ließ es sich nicht nehmen, kirchliche Würdenträger verbal zu attackieren: Kardinal König und Bischof Weber wegen ihrer Kritik am Anti-Ausländer-Volksbegehren; letzteren auch wegen seiner Einschätzung der "Äquidistanz zu den Parteien" - für Haider ein "verbaler Unsinn". Verräterisch war auch die Wortwahl des Katholiken Haider ("ich bin getauft - aber der Pfarrer hat sich damals fast geweigert, weil meine Eltern ohne Bekenntnis sind"): Er sprach von "Ihren Glaubensbrüdern und Schwestern". Nicht von "meinen" oder "unseren".

24.06.1999 Kurier
Titel: Erklärungsbedarf Text: Wo Richard Lugner politisch anzusiedlen ist, ist schwer zu beantworten:

Er präsentiert sich gleichermaßen als Kandidat für Nichtwähler, Bürokratieverdrossene, Schnäppchenjäger in Einkaufszentren - und für alle, die Seitenblicke auf Mausi und seine Selbstinszenierung in Burg und Oper werfen. Irgendwie scheint Mörtel damit aber der FPÖ ins Gehege zu kommen. Vorsorglich sprach ihm nämlich Peter Westenthaler jegliche Wahlchancen ab: Niemand wird in größerem Ausmaß unterstützt, der in Wien Moscheen baut. Schon gar nicht von freiheitlichen Wählern. Warum soll Lugner als Baumeister einer Moschee nicht wählbar sein? Haben Freiheitliche schlechte Erfahrung mit Maurern oder Moscheen? Ist Westenthaler gegen freie Religionsausübung? Oder will er nur nicht, daß bei uns Leute leben, die dem Islam anhängen? Ein Ausländerfeind? Jedenfalls sollte sich der mundflinke Generalsekretär besser erklären, damit wir wissen, wes Geistes Kind er eigentlich ist. FFW

18.04.1997 Die Presse
Kurt Krenn und die evangelische Kirche
 

Bischof Herwig Sturm will nicht direkt Stellung zur FPÖ und zu Kurt Krenn nehmen. Mit deutlicheren Worten tun dies andere in der evangelische Kirche A.B.
VON ERICH WITZMANNWIEN. Vielleicht werde bei der Grazer ökumenischen Versammlung "die Wirklichkeit die Theorie übertreffen", hofft Herwig Sturm, evangelischer Bischof in Österreich, Mittwochabend bei einem Gespräch mit einem Dutzend Journalisten. Dennoch wurde nach dieser Einleitung den gesamten Abend nicht mehr über die Ökumene gesprochen. Das neue FP-Programm mit der Passage über das "wehrhafte Christentum" und der St. Pöltner Diözesanbischof Kurt Krenn waren die eindeutigen Hauptthemen.Dabei ließ schon die burgenländische Superintendentin Gertraud Knoll aufhorchen: "Krenn ist ein Grund, daß evangelische Christen aus unserer Kirche austreten." Aber noch ließ das Krenn-Thema auf sich warten: Wie denn die evangelische Kirche zur FP-Programmatik stehe, lautete die erste Frage; warum man sich nicht zu Ewald Stadlers (FP-Klubobmann, Anm.) Aussage über das wehrhafte Christentum geäußert habeö Oberkirchenrat Johannes Dantine hat die Antwort parat. Es sei klar, was gemeint sei: "Das Christentum hat gegen den ISLAM wehrhaft zu sein." Außerdem sei der Ausdruck "positives Christentum" ein Schlagwort der NS-Zeit gewesen, deckt Dantine auf. Und wer äußere sich wirklich zur FPÖö "Wir stellen mit großem Bedauern fest, daß Krenn für die Kirche insgesamt als Sprecher gilt."
Gegen FP-Anbiederung
"Die Anbiederung der FPÖ", so versucht Bischof Sturm eine Analyse, "ist so grotesk, ich weiß nicht, warum eine Groteske so viel Öffentlichkeit bekommt." Es handle sich eindeutig um einen "Stimmenfang unter Christen". Sturm und Dantine vergessen aber nicht zu betonen, daß mit einigen Freiheitlichen, vor allem aus der Wiener FPÖ, gute Gespräche geführt werden.Für Superintendentin Knoll ist die Assoziation nahe: "Das Etikett ,evangelisch und braunlastig' ist auf uns liegen geblieben, weil wir es nicht aufgearbeitet haben." Und dann unvermutet: "Die Evangelischen sind linker, das ist ein Faktum." Erst später im Weggehen sagt Knoll, daß sie sich mit dem Links-Etikett auf eine Umfrage berufe.Die Frage, ob er die kirchliche FP-Passage begutachten werde, wenn Jörg Haider den Programmentwurf (wie angekündigt) den katholischen und den evangelischen Bischöfen zur Begutachtung vorlege, überlegt Sturm lange. Dann schüttelt er den Kopf. Er wolle und könne nicht als Mitarbeiter eines Parteiprogramms gewertet werden.Erst zum Schluß äußert sich Sturm - abseits des Krenn-Arguments - über eine mögliche eigene Schuld an den Kirchenaustritten. "Wir müssen Ziele setzen", antwortet er, "Ziele, die evangelische Identität stiften."

DER STANDARD, 20. August 1999 javascript:history.go(-2)javascript:history.go(-2)Zurück zur Suche

"Natürlicher Partner" Kirche wehrt sich gegen freiheitliche Vereinnahmung
FPÖ sucht Kulturkampf-Gefährten

Klubobmann Scheibner mahnt "missionarisches Engagement" gegen den Islam ein

STANDARD-Mitarbeiter Georg Witrisal Daniel Windisch

Wien - Die FPÖ geht auf Konfrontationskurs mit Teilen der katholischen Kirche - und bietet sich zugleich deren konservativem Flügel als Partner an. FP-Klubobmann Herbert Scheibner hatte in einem Interview mit der Wiener Kirchen Zeitung der katholischen Kirche vorgeworfen, den Islam in Österreich Fuß fassen zu lassen. "Ich verstehe nicht, dass die katholische Kirche sich freut über eine Zuwanderungspolitik, die erreicht, dass die Muslime die zweitgrößte Religionsgemeinschaft sind", sagte Scheibner wörtlich. Gleichzeitig verlangte er ein Umdenken in der Missionspolitik der Kirche: "Teile der Kirche entsprechen nicht dem Auftrag, die christlich-abendländische Wertetradition in das nächste Jahrtausend zu tradieren."
Daraufhin konterte Ludwig Schwarz, Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke, die FPÖ bringe die katholische Kirche in die Nähe eines Kulturkampfes. Mission bedeute heute "Begegnung" und nicht Kampf. "Im Zusammenleben mit anderen Religionsgemeinschaften steht der Dialog im Vordergrund", meinte auch der Pressereferent von "Missio Austria", der offiziellen Missionsorganisation der katholischen Kirche in Österreich, Robert Gerstbach-Muck.
Scheibner relativiert im Gespräch mit dem STANDARD seine Aussagen: Er gehe davon aus, dass die Kirche "der natürliche Partner der FPÖ" sei, wenn das christlich-abendländische Kulturgut verteidigt werden müsse. "Aber in der Praxis" gebe es viele, die die Kirche als "Sozialverein" für Ausländerintegration sehen würden, meint Scheibner.
Sein Vorgänger als Klubobmann, Ewald Stadler, Chef der FP-Niederösterreich und "Erfinder" des "wehrhaften Christentums", weiß "von vielen Pfarrern" zu berichten, "die das Evangelium nicht so verstehen, dass andere Religionen gottgewollt sind". Europa müsse "neu evangelisiert" werden, fordert Stadler.
Andreas Mölzer, kulturpolitischer Berater des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider, verlangt für seine "rechte Volkspartei" FPÖ eine "strategische Allianz". Nachdem sich der Antiklerikalismus überholt habe, müsse auch die FPÖ den Kontakt zu "wertkonservativen" Christen suchen.
Die Avancen der Freiheitlichen stoßen in Kirchenkreisen nicht unbedingt auf Gegenliebe. Erich Leitenberger, Sprecher von Kardinal Christoph Schönborn, spricht im Zusammenhang mit Scheibners Aussagen von "einer Reihe von Missverständnissen", denen der freiheitliche Klubobmann aufgesessen sei. Außerdem seien "viele in der Kirche" gerade beim Thema Zuwanderung anderer Ansicht als die FPÖ, erinnert Leitenberger an das Engagement vieler Organisationen wie der Caritas. "Wir haben die Ausländer eingeladen, da ist es selbstverständlich, dass sie ihre Religion frei ausüben", meint Leitenberger. Auch der Islam gehöre zu Europa, er habe sogar ähnliche Probleme mit der Säkularisierung wie die katholische Kirche.
 

DER STANDARD, 02. Mai 1998 javascript:history.go(-1)javascript:history.go(-1)Zurück zur Suche

Eine Reihe ideeller Fragen bleibt offen

Trotz FPÖ-Angebot bleibt das Verhältnis Freiheitliche–Kirche schwierig

Josef Ertl

Salzburg – Mit Zurückhaltung reagiert die römisch-katholische Kirche auf das Angebot von FPÖ Obmann Jörg Haider, eine „Partnerschaft in jenen Bereichen“ einzugehen, wo eine gemeinsame Zielvorstellung gegeben sei: Bekämpfung des islamischen Fundamentalismus, Erhalt des arbeitsfreien Sonntag, Kampf gegen Hedonismus und Nihilismus, Realisierung jener begleitenden Bestimmungen, die bei der Einführung der Fristenlösung im Parlament vereinbart worden war.
„Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Auf diesen Nenner lassen sich die Äußerungen der offiziellen Kirchenvertreter beim Studientag „katholische Kirche und FPÖ im Gespräch“, am Donnerstag im Bildungshaus St. Virgil (Salzburg) zusammenfassen. „Die Suche einer Partei nach ideeller Partnerschaft kann nicht Inanspruchnahme christlicher Inhalte für politische Positionen bedeuten“, erklärte der Wiener Generalvikar Helmut Schüller als katholischer Hauptredner.
Als kontroversielle Themen benannte er die Ausländerpolitik der FPÖ, die „sozial und gesellschaftlich äußert problematisch“ sei, das Heranziehen zu einfacher Erklärungsmuster für gesellschaftliche Probleme, die raschen Schuldzuweisungen an „die Ausländer“, an „Brüssel“ und an den Islam. Diese „mögen zwar den Unzufriedenen hilfreich erscheinen und die Gewinnung von Proteststimmen fördern. Die Findung gesellschaftlicher Verständigung und Problemlösungen fördert es nicht.“
Haiders Rede erinnerte phasenweise an Wahlkampfauftritte in Bierzelten. Wiederholt wurde er vom Applaus anwesender FPÖ-Funktionäre unterbrochen. Besonders Friedrich Engelmann von der rechtskatholischen Zeitung Der 13., einem Sprachrohr von Bischof Kurt Krenn, tat sich als Einklatscher hervor. „Wir nennen die Dinge beim Namen, während Würdenträger ihre Absichten hinter Formulierungen verstecken“, so Haider. „Die Kirche neigt dazu, nicht so begeistert zu sein, daß wir uns zu christlichen Werten bekennen.“
Mit welcher Begeisterung habe dagegen die Kirche den Dialog mit der Kreisky-SPÖ begrüßt. Viele FPÖ-Wähler seien katholisch, die FPÖ wolle aus der Distanz zu den Kirchen herauskomemn. Um die angebliche Christlichkeit seiner Politik zu betonen, griff Haider zu einem Zitat des Kirchenlehrers Thomas von Aquin, den er einem Leserbrief der Kronen Zeitung entnommen hatte: „Zu denen, die uns ferne stehen, haben wir nur die allgemeine Freundschaft. Außer dieser gibt es aber noch besondere Freundschaften, deren Grundlage das engere Verhältnis zu bestimmten Personen ist. So stehen uns unsere Mitbürger näher als Ausländer.“
Schüller widersprach Haider: Es wäre nicht evangeliumsgemäß, Hilfe nur auf Österreicher zu beschränken. Das gehe klar aus dem Gleichnis des barmherzigen Samariters hervor. Haider gestand zu, daß Hilfsbedürftigkeit keine Ordnung kennen könne, doch der Grundsatz der „ordo caritatis“ (Stufenordnung der Nächstenliebe) mache Sinn.
Für Zündstoff sorgte auch das Thema Islam. Haider sprach von 33 Millionen Fundamentalisten in Europa, mußte sich aber korrigieren lassen, daß es nur 33 Millionen Moslems in Europa gebe.

25.04.1997 der Standard

Bernhard Heitz, Bischof der Altkatholischen Kirche, ist verwundert über die Aussagen von FPÖ-Obmann Jörg Haider über eine Bedrohung Österreichs durch islamische Fundamentalisten. Er warf Haider auch vor, die evangelischen Kirchen und deren Bischof Herwig Sturm zu Unrecht der politischen Einseitigkeit zu zeihen.
Der Versuch der FPÖ, neue Wählergruppen zu gewinnen, sei zwar legitim. Für jede Kirche in Österreich wäre es allerdings verhängnisvoll, sich von einer parteipolitischen Bewegung vereinnahmen zu lassen. Heitz meint, man könne in Österreich nicht von einer Bedrohung durch islamischen Fundamentalismus sprechen. „Es gibt in unserem Land keine Bedrohung durch den Islam, ebensowenig gibt es Gefahr der Überfremdung.“