EUROPEAN MONITORING CENTRE ON RACISM AND XENOPHOBIA
OBSERVATOIRE EUROPEEN DES PHENOMENES RACISTES ET XENOPHOBES
EUROPÄISCHE STELLE ZUR BEOBACHTUNG VON RASSISMUS UND FREMDENFEINDLICHKEIT
Rahlgasse 3, A- 1060 Wien
Tel.: 9043-1-580 39-0, Fax: 0043-1-580 30-99, e-mail: office@eumc.at

Beate Winkler

The Challenge for the European Society,
Challenge for the European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia:
The Fight against Racism and for Equalilty and Cultural Diversity

Die Europäische Beobachtungsstelle von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ist die neue Networksorganisation der Europäischen Union. Ihre Aufgabe ist es, Europa weit Daten und Informationen zu sammeln, zu analysieren und Strategie zu entwickeln. Mit dieser Stelle, die am 7./8. April in Wien eröffnet wurde, hat sich die Europäische Union der großen Zukunftsfrage gestellt : Wie geht Europa mit kultureller, ethnischer und religiöser Vielfalt um,

Diese stellt sich dringender denn je, denn die europäische Union und ihre Mitgliedstaaten, die europäischen Gesellschaften und ihre Bürger stehen am Ende eines der blutigsten Jahrhunderte vor einer grundentscheidenden Herausforderung.

Politik und Gesellschaft setzen sich noch nicht ausreichend mit der Tatsache auseinander, daß in Europa immer mehr Menschen mit unterschiedlicher kultureller, religiöser und ethnischer Herkunft leben werden und daß das friedliche Zusammenleben durch Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus bedroht wird. Es ist dringender denn je, Orientierung zu geben, Möglichkeiten und Grenzen zu zeigen, sowie gesellschaftliche Regelungen und Spielregeln für das Zusammenleben zu entwickeln. Nicht zuletzt sind Ursachen für gewachsene Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung wahrzunehmen, mit denen sich die Europäische Beobachtungsstelle von Anfang an auseinandersezt.

Benannt seien in diesem Zusammenhang nur einzelne Aspekte:

Orientierungskrise und die Abwehr von "Fremden"

Die viel diskutierte Orientierungskrise, die wachsende Globalisierurg, die schnellere und immer schnellere Kommunikation, die gestiegene Arbeitslosigkeit der europäischen Gesellschaften haben nicht nur zu einer Verunsicherung geführt, sondern sie belastet das Verhältnis einheimischer und zugewanderter Bevölkerung unmittelbar. Von vielen Menschen, vor allem von Jugendlichen, wird die Gesellschaft, in der sie leben, als nicht mehr faßbar, unübersichtlich, unerfahrbar erlebt. Die Modernisierungsschübe der letzten Jahre, der Verlust an Wertorientierungen und familiären, sozialen Bindungen hat doppeltes zu folge: Die Angst vor "dem Fremden" wächst und schlägt sich unmittelbar in Abwehr gegenüber "den Fremden" nieder.

Soziale Konflikte

Unmittelbar beeinträchtigt wird die sachliche Diskussion über das Zusammenleben durch die Verschärfung der sozialen Situation vieler Europäer. Es sind die Symptome der sog. Zwei-Drittel Gesellschaft. Das bedeutet: In unseren Gesellschaften haben Entwicklung stattgefunden, welche die Lebensbedingungen von zwei Dritteln der Bevölkerung verbessern, aber diejenigen eines Drittels erheblich verschlechtert hat. Dafür wird von vielen die zugewanderte Bevölkerung verantwortlich gemacht, obwohl die Ursachen komplexer sind und nur unzureichend wahrgenommen werden, wie die Folgen der Globalisierung, Wohnungssuchende sehen sich in fast aussichtsloser Lage. So heißt es schnell: "Die Zuwanderer, die Schwarzen, die Ausländer nehmen uns die Wohnungen weg". Dabei wird vergessen, daß die akute Wohnungsnot durch den Trend zu Einpersonenhaushalten, durch den Abbau der Förderung des sozialen Wohnungsbaus, durch den Wunsch nach größeren Wohnungen und Zweitwohnungen, langfristig vorhersehbar war. Der Mangel an Arbeitsplätzen, die Konkurrenz mit anderen Bewerbern um die gleiche Stelle wird täglich zusätzlich erfahren. Schnell heißt es dann: "Die Zuwanderer, die Schwarzen, die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg". Dabei wird der generelle Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt vergessen, die unzureichende Arbeitsmarktpolitik zu wenig gesehen. Auf die "Fremden" die Minderheit wird die Angst vor dem beruflichen Versagen projiziert. Berührt von dieser Angst sind jedoch nicht nur sozial Schwache, sondern die vielen, die Angst vor sozialem Abstieg und einer anderen Verteilung innerhalb unserer Gesellschaft haben.

Der inkompetente Umgang mit Verunsicherung und Angst

Die Fragen von Einwanderung und Zusammenleben, die Auseinandersetzung mit Fremdenfeindlichkeit werden vielfach auch durch Unfähigkeit belastet, mit Ängsten und Verunsicherungen bei uns selbst und auch bei anderen verantwortlich und kompetent umzugehen. Vielfach werden sie vorschnell als Fremdenfeindlichkeit abgestempelt und damit verdrängt. Ein Beispiel ist die Angst vor geminderten Bildungschancen bei hoher Migrantenzahl in Schulklassen, - von manchem tabuisiert und als Fremdenfeindlichkeit abgelehnt.

Es ist gerade die Verdrängung von Ängsten, die zu Aggressionen führen kann, sich steigert zu Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus, So sind es nicht nur die sozialen, gesellschaftlichen und politischen Tatsachen, die wir hinterfragen müssen, sondern auch unsere Gefühle und Abwehrhaltungen. Trotz des großen Wissens in vielen wissenschaftlichen Disziplinen sind unsere Kenntnisse über den Ursprung und den Umgang mit Gefühlen., mit Ängsten und Aggressionen allgemein gering. Folge davon ist, daß dieser Problemkomplex bei der Erarbeitung von einwanderungspolitischen Konzeptionen und Strategien, in der gesellschaftlichen Diskussion und bei der Öffentlichkeitsarbeit fast keine Rolle spielt.

Politische Defizite

Nach wie vor bleiben die Bereiche Migration und Integration, gesellschaftliche Teilhabe und Antidiskriminierungspolitik weitgehend eine Leerstelle, abgesehen von dem Amsterdamer Vertrag - und hier insbesondere Artikel 13 - der ein Meilenstein europäischen Denkens und Verläßlichkeit ist und eine große Herausforderung für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten bedeutet.

Beispiele für politische Defizite:
 


Zur Herausforderung

Politik gestalten

Um auf die auf uns zukommenden Entwicklungen angemessen zu reagieren, die Probleme in ihrer Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit verantwortungsvoll aufzugreifen, ist vor allem eine umfassende Politik gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und für demokratische Teilhabe und für die Akzeptanz kultureller, ethnischer und religiöser Vielfalt innerhalb der Europäischen Union und in den Mitgliedstaaten gegen Diskriminierung und Ausgrenzung, unerläßlich. Die ganze Spannbreite der Problematik heißt es im Blick zu haben, wenn man nach neuen Lösungsansätzen sucht.

Ganzheitliche Lösungsansätze entwickeln

Was heißt dies konkret?

Orientierung in gesellschaftlichen Institutionen geben

Alle gesellschaftlichen Bereiche sind aufgefordert, Orientierung zu geben und Maßnahmen für das Zusammenleben zu ergreifen. Jede Institution muß sich fragen und fragen lassen, welchen Beitrag sie leistet, um Probleme angemessen aufzugreifen, Handlungsmöglichkeiten zu zeigen, Perspektiven zu geben, Diskriminierung entgegenzuwirken und Zugang für Minderheiten zu schaffen. Dies ist das Selbstverständnis der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, der ganz neuen Organisation der Europäischen Union und die Hintergründe ihrer Projekte.

Die Beobachtungsstelle ist:


Die Europäische Beobachtungsstelle wird in ihrer Arbeit auch einen Schwerpunkt im Bereich Islam bilden. Wir sehen gerade in dem ablehnenden und zu Teilen auch diskriminierenden Verhalten gegenüber Mitglieder der muslimischen Glaubensgemeinschaft eine Belastung für das Zusammenleben. Oft sind es auch Beispiele von Fremdenfeindlichkeit.

Das EUMC wird aktiv werden, konkret und effizient:

Für uns alle muß klar sein:
Unsere Gesellschaft ist kulturell, wirtschaftlich, politisch auf den ständigen Austausch mit Menschen anderer kultureller Herkunft angewiesen. durch die Auseinandersetzung mit anderen fremden Kulturen haben Kunst und Kultur Europas vitale, kreative und bereichernde Impulse und Prägungen erhalten, Unseren kulturellen Pluralismus heißt es rechtlich und gesellschaftlich anzuerkennen. Wir müssen ein gesellschaftliches Selbstverständnis finden, das Zuwanderer, Minderheiten, Schwarze und Ausländer - wie immer sie auch etikettiert werden - gleichberechtigt einschließt. Den unterschiedlichen kulturellen Bedürfnissen ist dabei Rechnung zu tragen, z.B. durch muttersprachliche und zielgruppenspezifische kulturelle Angebote. Jeder braucht vertrauten Raum, um das Neue, das Fremde verarbeiten zu können.

Gleichzeitig muß aber deutlich sein:
Bestimmte Grundwerte und Grundregelungen unserer Gesellschaft, wie Anerkennung von Menschenrechten und der Rechtsordnungen sind für alle verbindlich.

Eine Grundvoraussetzung für das Zusammenleben auch im Hinblick auf Europa wäre gegeben:
Eine gemeinsame Orientierung und Perspektive für unsere Zukunft.
7.7.1999