http://www.kathpress.co.at/moratorium2000/news.htm (Graz, 22.9.1999 g.l.)

Alle Weltreligionen kennen Gottes Barmherzigkeit

Anlässlich der am Freitag über die Bühne gehenden Uraufführung der Oper „Tod und Teufel“, welche der Kärntner Komponist Gerd Kühr nach einem Libretto von Peter Turrini als Auftragswerk zum Grazer Opernjubiläum komponierte, diskutierten gestern Vertreter der Weltreligionen über die Frage „Gibt es die Sünde“?

„Sünde gibt es“ – dazu bedurfte es keiner Diskussion unter den Teilnehmern. Wohl aber unterscheiden sich in den verschiedenen Religionen die Definitionen und die Möglichkeiten, Vergebung zu erlangen. Sünde sei Realität, wer irdische Werte absolut setze, ebne der Sünde den Weg, meinte der Wiener Weihbischof Dr. Helmut Krätzl. Heute werde die Sünde oft wegdiskutiert, deshalb sei auch die Vergebung so schwer. Wer sich aber nicht vergeben lasse, könne auch selbst nicht vergeben.

Die Vergebung in der Beichte sei für viele Katholiken erleichternd und befreiend, sei sie doch eine verbindliche Zusage im Namen der Kirche.
Ohne menschliche Vermittlung funktioniert die Verzeihung bzw. Bestrafung der Sünden bei den Juden. Als Vertreter der israelitischen Kultusgemeinde definierte der Grazer Kinderarzt und Psychotherapeut Univ. Prof. Dr. Peter Scheer die Sünde als Verstoß gegen das Gesetz, der nach der Bitte um Verzeihung von Gott direkt vergeben oder bestraft werde. Auch im Islam gilt Sünde als Verstoß gegen die göttliche Ordnung, die für die Menschen geschaffen sei, damit das Zusammenleben gelinge. Der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Prof. Anas Schakfeh, sieht diese Ordnung zerstört, wenn sich Menschen mehr beschaffen als ihnen zusteht. Vergebung sei jederzeit möglich, betonte er, Gott sei großzügig, wenn der Sünder echte Reue zeige und vergebe ihm rasch und unmittelbar.

Für Superintendentin Mag.Gertraud Knoll bedeutet Sünde „das verlorengegangene Du im Leben, die Beziehungslosigkeit,“ aber auch fehlende Ehrfurcht und die fehlende Achtung vor Lebendigkeit.

Komponist und Autor der schon im Vorhinein heftig diskutierten Oper beteiligten sich ebenfalls an der Diskussion. Die Geschichte des Pfarrers Bley ,der auszieht, um die Sünde kennenzulernen, weil er den Glauben an Gott verloren hat, führte Gerd Kühr zur Auseinandersetzung mit dem Thema Sünde. Turrinis Satz „Die Sünde muss wieder benannt werden“ sei für ihn zum Kernsatz geworden, meinte der Komponist, durch den Wandel der Gesellschaft wandle sich auch das, was Sünde sei. Als „katholisch Schwergeschädigten“ bezeichnete Moderator Dr. Peter Huemer den Dramatiker Peter Turrini, der sich nach eigenen Worten „oft von Gott losgesagt“ habe, der ihn aber immer wieder einhole. Der „Mangel an sozialer Fantasie“ sei für ihn (Turrini) heute die größte Sünde, zudem werde die Gesellschaft immer mehr von Anklägern erfüllt, als von jenen, die Fehler und Sünden bei sich selbst erkennen. Es fehle an Vorstellungsvermögen für das, was man anderen durch das eigene Verhalten antue, bedauerte auch Anas Schakfeh. Aber auch Fehler der Kirche, speziell in der Sexualmoral, wurden kritisiert. Die Verurteilung des lustvoll Körperlichen habe viel Unheil angerichtet, betonte Knoll. Auch Weihbischof Krätzl sprach von einer „ungeheuren Hypothek“, die die katholische Kirche abbauen müsse. Kühr und Turrini kritisierten vor allem das vehemente Festhalten an Formen, die oft recht schmerzhaft seien und auch zur Loslösung von der Kirche beitragen könnten.



http://www.kath-kirche.at/graz/presse/presse-meldung-1999-09-15-1.html

"Internationale Friedensuniversität", 2.7.1999: Im Rahmen einer Zeremonie in der Otto Wagner Kirche am Steinhof unterzeichnen hochrangige Repräsentanten der in Österreich vertretenen Religionsgemeinschaften - der römisch-katholischen, der evangelischen und der orthodoxen Kirche, der Jüdischen Kultusgemeinde, der Buddhistischen Gesellschaft, der Hindu-Gemeinde und der Muslime - den Text des Appells. Der muslimische Vertreter unterschreibt eine gesonderte Erklärung über die Haltung des Islam zu Todesstrafe, Gnade und Lebensschutz im Rechtswesen.
erklärung im wortlaut:

Die Erklärung der österreichischen Muslime

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich unterstützt das Anliegen der Kampagne "Moratorium 2000", wie es bei den Vereinten Nationen artikuliert werden soll, insofern sie dafür eintritt, die Todesstrafe, wo immer es möglich ist, durch andere Strafformen zu ersetzen und sie nur im äußersten Fall anzuwenden.
Darin drückt sich die Anerkennung des Wertes des menschlichen Lebens als Gabe des Schöpfers aus.

Allerdings bekundet die IGGiÖ ihren Vorbehalt gegen manche Textformulierungen des "Moratoriums", insbesondere gegen den vorletzten Punkt der Begründung ("die Logik ...").

Nichtsdestotrotz glaubt die IGGiÖ, daß Elementen der Gnade, des Verzeihens und der Rehabilitation auch im Rechtssystem, vor allem, wenn es um die Frage von Leben und Tod geht, möglichst breiter Raum gewährt werden soll.

Prof. Anas Schakfeh, Geschäftsführender Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich
Letzte Aktualisierung: 1.7.1999den link dazu:



Moratorium 2000 - Appell

Appell für eine weltweite Aussetzung der Vollstreckung der Todesstrafe im Jahre 2000
Wir, die Unterzeichner, sind überzeugt, daß die Todesstrafe das Recht auf Leben, das weltweit anerkannt ist, leugnet,  endgültig grausam, unmenschlich und erniedrigend ist, genauso verabscheuenswert wie die Folter  ungeeignet ist, die Gewalt zu bekämpfen, und in Wirklichkeit die vollkommene Gewalt rechtfertigt: die Gewalt, die das menschliche Leben auf der Ebene von Staaten und Gesellschaften auslöscht  unsere Welt unmenschlich macht, weil sie der Unterdrückung und der Rache den Vorzug gibt und dabei die Elemente der Gnade, der Verzeihung und der Rehabilitation aus dem Rechtssystem beseitigt

Wir laden alle ein, auch diejenigen, die die Anwendung der Todesstrafe unterstützen, in ausgeglichener Weise über die Notwendigkeit einer Aussetzung der Vollstreckungen nachzudenken:

Denn:


Listen bitte an: "Moratorium 2000", Comunita Sant'Egidio, Piazza Sant'Egidio 3/a, I-00153 Roma
Appell und Unterschriftenliste zum Downloaden: Appell.doc (16KB)