Alle Weltreligionen kennen Gottes Barmherzigkeit
Anlässlich der am Freitag über die Bühne gehenden Uraufführung der Oper „Tod und Teufel“, welche der Kärntner Komponist Gerd Kühr nach einem Libretto von Peter Turrini als Auftragswerk zum Grazer Opernjubiläum komponierte, diskutierten gestern Vertreter der Weltreligionen über die Frage „Gibt es die Sünde“?
„Sünde gibt es“ – dazu bedurfte es keiner Diskussion unter den Teilnehmern. Wohl aber unterscheiden sich in den verschiedenen Religionen die Definitionen und die Möglichkeiten, Vergebung zu erlangen. Sünde sei Realität, wer irdische Werte absolut setze, ebne der Sünde den Weg, meinte der Wiener Weihbischof Dr. Helmut Krätzl. Heute werde die Sünde oft wegdiskutiert, deshalb sei auch die Vergebung so schwer. Wer sich aber nicht vergeben lasse, könne auch selbst nicht vergeben.
Die Vergebung in der Beichte sei für viele Katholiken erleichternd und
befreiend, sei sie doch eine verbindliche Zusage im Namen der Kirche.
Ohne
menschliche Vermittlung funktioniert die Verzeihung bzw. Bestrafung der Sünden
bei den Juden. Als Vertreter der israelitischen Kultusgemeinde definierte der
Grazer Kinderarzt und Psychotherapeut Univ. Prof. Dr. Peter Scheer die Sünde als
Verstoß gegen das Gesetz, der nach der Bitte um Verzeihung von Gott direkt
vergeben oder bestraft werde. Auch im Islam gilt Sünde als
Verstoß gegen die göttliche Ordnung, die für die Menschen geschaffen sei, damit
das Zusammenleben gelinge. Der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft in
Österreich, Prof. Anas Schakfeh, sieht diese Ordnung zerstört, wenn sich
Menschen mehr beschaffen als ihnen zusteht. Vergebung sei jederzeit möglich,
betonte er, Gott sei großzügig, wenn der Sünder echte Reue zeige und vergebe ihm
rasch und unmittelbar.
Für Superintendentin Mag.Gertraud Knoll bedeutet Sünde „das verlorengegangene Du im Leben, die Beziehungslosigkeit,“ aber auch fehlende Ehrfurcht und die fehlende Achtung vor Lebendigkeit.
Komponist und Autor der schon im Vorhinein heftig diskutierten Oper
beteiligten sich ebenfalls an der Diskussion. Die Geschichte des Pfarrers Bley
,der auszieht, um die Sünde kennenzulernen, weil er den Glauben an Gott verloren
hat, führte Gerd Kühr zur Auseinandersetzung mit dem Thema Sünde. Turrinis Satz
„Die Sünde muss wieder benannt werden“ sei für ihn zum Kernsatz geworden, meinte
der Komponist, durch den Wandel der Gesellschaft wandle sich auch das, was Sünde
sei. Als „katholisch Schwergeschädigten“ bezeichnete Moderator Dr. Peter Huemer
den Dramatiker Peter Turrini, der sich nach eigenen Worten „oft von Gott
losgesagt“ habe, der ihn aber immer wieder einhole. Der „Mangel an sozialer
Fantasie“ sei für ihn (Turrini) heute die größte Sünde, zudem werde die
Gesellschaft immer mehr von Anklägern erfüllt, als von jenen, die Fehler und
Sünden bei sich selbst erkennen. Es fehle an Vorstellungsvermögen für das, was
man anderen durch das eigene Verhalten antue, bedauerte auch Anas Schakfeh. Aber
auch Fehler der Kirche, speziell in der Sexualmoral, wurden kritisiert. Die
Verurteilung des lustvoll Körperlichen habe viel Unheil angerichtet, betonte
Knoll. Auch Weihbischof Krätzl sprach von einer „ungeheuren Hypothek“, die die
katholische Kirche abbauen müsse. Kühr und Turrini kritisierten vor allem das
vehemente Festhalten an Formen, die oft recht schmerzhaft seien und auch zur
Loslösung von der Kirche beitragen könnten.
"Internationale Friedensuniversität", 2.7.1999: Im Rahmen einer Zeremonie in
der Otto Wagner Kirche am Steinhof unterzeichnen hochrangige Repräsentanten der
in Österreich vertretenen Religionsgemeinschaften - der römisch-katholischen,
der evangelischen und der orthodoxen Kirche, der Jüdischen Kultusgemeinde, der
Buddhistischen Gesellschaft, der Hindu-Gemeinde und der Muslime - den Text des
Appells. Der muslimische Vertreter unterschreibt eine gesonderte Erklärung über
die Haltung des Islam zu Todesstrafe, Gnade und Lebensschutz im Rechtswesen.
erklärung im wortlaut:
Die Erklärung der österreichischen Muslime
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich unterstützt das Anliegen
der Kampagne "Moratorium 2000", wie es bei den Vereinten Nationen artikuliert
werden soll, insofern sie dafür eintritt, die Todesstrafe, wo immer es möglich
ist, durch andere Strafformen zu ersetzen und sie nur im äußersten Fall
anzuwenden.
Darin drückt sich die Anerkennung des Wertes des menschlichen
Lebens als Gabe des Schöpfers aus.
Allerdings bekundet die IGGiÖ ihren Vorbehalt gegen manche Textformulierungen des "Moratoriums", insbesondere gegen den vorletzten Punkt der Begründung ("die Logik ...").
Nichtsdestotrotz glaubt die IGGiÖ, daß Elementen der Gnade, des Verzeihens und der Rehabilitation auch im Rechtssystem, vor allem, wenn es um die Frage von Leben und Tod geht, möglichst breiter Raum gewährt werden soll.
Prof. Anas Schakfeh, Geschäftsführender Präsident der Islamischen
Glaubensgemeinschaft in Österreich
Letzte Aktualisierung: 1.7.1999den
link dazu:
Appell für eine weltweite Aussetzung der Vollstreckung der Todesstrafe im
Jahre 2000
Wir, die Unterzeichner, sind überzeugt, daß die Todesstrafe das
Recht auf Leben, das weltweit anerkannt ist, leugnet, endgültig grausam,
unmenschlich und erniedrigend ist, genauso verabscheuenswert wie die
Folter ungeeignet ist, die Gewalt zu bekämpfen, und in Wirklichkeit die
vollkommene Gewalt rechtfertigt: die Gewalt, die das menschliche Leben auf der
Ebene von Staaten und Gesellschaften auslöscht unsere Welt unmenschlich
macht, weil sie der Unterdrückung und der Rache den Vorzug gibt und dabei die
Elemente der Gnade, der Verzeihung und der Rehabilitation aus dem Rechtssystem
beseitigt
Wir laden alle ein, auch diejenigen, die die Anwendung der Todesstrafe unterstützen, in ausgeglichener Weise über die Notwendigkeit einer Aussetzung der Vollstreckungen nachzudenken:
Denn:
Listen bitte an: "Moratorium 2000", Comunita Sant'Egidio, Piazza
Sant'Egidio 3/a, I-00153 Roma
Appell und Unterschriftenliste zum Downloaden:
Appell.doc (16KB)